Aus Ärger über unvollständige Behördenakten ließ ein 60-jähriger Bußgeldrichter mehrere Raser ungeschoren davonkommen. Das Verfahren wegen Rechtsbeugung könnte nun durch ein psychiatrisches Gutachten zugunsten des Richters entschieden werden.
Ein wegen Rechtsbeugung angeklagter Richter ist nach Ansicht eines Gutachters möglicherweise nicht voll schuldfähig. Er habe unter einer affektiven Störung infolge von jahrelangem Bluthochdruck und zunehmender Überlastung gelitten, heißt es in dem am Mittwoch vor dem Erfurter Landgericht vorgestellten Gutachten des Psychiaters.
Das Gericht hatte den Amtsrichter, der zahlreiche Raser wegen unvollständiger Behördenakten hatte davonkommen lassen, im April 2013 freigesprochen. Der Bundesgerichtshof hatte aber nach Revision der Staatsanwaltschaft den Freispruch wieder aufgehoben.
Vom Ärger über unvollständige Akten beherrscht
Die hirnorganische Störung habe bei dem Angeklagten zu einer "Inkontinenz der Affekte" geführt, so dass er gar nicht anders habe handeln können, erklärte nun der Gutachter. Der Ärger über unvollständige Akten habe das Verhalten und die Urteilsfindung des peniblen Richters beherrscht.
Er habe weder nach rechts noch nach links geschaut und sei in seiner Belastbarkeit und Flexibilität beim Denken eingeschränkt gewesen. Eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit zum Tatzeitpunkt könne deshalb nicht ausgeschlossen werden. Der Prozess soll am 26. Juni mit Plädoyers und Urteil fortgesetzt werden.
dpa/ms/LTO-Redaktion
Richter konnte unvollständige Akten nicht ertragen: . In: Legal Tribune Online, 18.06.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15910 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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