In der Fernsehsendung "TV Total" klingelte ein Kamerateam nachts an Haustüren und schreckte die meist verärgerten Bewohner aus dem Bett. Nach einem Urteil des BVerwG vom Mittwoch darf die Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg die aus diesen rechtswidrigen Sendungen erlangten Werbeeinnahmen abschöpfen. Die entsprechende Vorschrift im Medienstaatsvertrag sei rechtmäßig, so die Leipziger Richter.
Dem Fernsehsender Prosieben kommt die Ausstrahlung mehrerer Ausgaben von Stefan Raabs Sendung "TV Total" teuer zu stehen. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat klargestellt, dass die Landesmedienantalt Berlin-Brandenburg auf Grundlage einer Vorschrift aus dem Medienstaatsvertrag zwischen beiden Ländern Werbeeinnahmen einziehen darf, die durch rechtswidrige Sendungen erwirtschaftet wurden (Urt. v. 23.05.12, Az. 6 C 22.11).
Unter dem Beitragstitel "Bimmel Bingo" wurden Menschen nachts aus ihren Wohnungen geklingelt, um sie zur Mitwirkung an der Senung zu bewegen. Ihnen wurde für bestimmte "Begrüßungssätze" ein Geldgewinn in Aussicht gestellt. Regelmäßig waren Klingelschilder mit Familiennamen und Bewohner in Schlafkleidung zu sehen. Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg richtete sich vor allem gegen zwei Beiträge, in denen durch Zuschlagen der Haustür und Drohung mit der Polizei deutlich wurde, dass die Personen mit dem Wecken und den Dreharbeiten nicht einverstanden waren. Hierhin sah die Medienanstalt eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Rechts am eigenen Bild. Die Störung der Nachtruhe sei geeignet, die körperliche Unversehrtheit und das Wohlbefinden der Betroffenen zu beeinträchtigen.
Nachdem Prosieben der Medienanstalt trotz Aufforderung keine Angaben zu den erziehlten Werbeeinnahmen machte, wurden diese auf 75.000 Euro geschätzt und die Abführung verlangt. Hiergegen klagte der Sender noch erfolgreich beim Verwaltungsgericht (VG), das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg wies die Klage jedoch ab.
Das BVerwG in Leipzig hat nun festgestellt, dass die einschlägige Vorschrift des Medienstaatsvertrages zwischen Berlin und Brandenburg über die Abschöpfung von Werbeeinnahmen aus einer als rechtswidrig beanstandeten Sendung mit Bundesrecht insbesondere mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die Länder besitzen die Gesetzgebungskompetenz für den Erlass einer derartigen Regelung. Sie gehöre nicht zur Materie des Strafrechts.
Die Beanstandung einer Sendung und die Abschöpfung der Werbeeinnahmen seien Maßnahmen der Medienaufsicht, durch die nicht strafrechtliches Unrecht sanktioniert, sondern die Einhaltung der rundfunkrechtlichen Bindungen effektiv sichergestellt werden solle, denen die privaten Rundfunkveranstalter unterliegen. Zwar knüpfe die Abschöpfung der Werbeeinnahmen an die Rechtswidrigkeit der ausgestrahlten Sendung an. Diese könne sich aus einem Verstoß gegen Strafvorschriften, aber auch aus einem Verstoß gegen jede andere Rechtsnorm ergeben.
Dass eine vergleichbare Regelung für öffentlich-rechtliche Sender nicht existiert, verletze auch nicht den Gleichheitsgrundsatz. Die privaten Rundfunkveranstalter einerseits und die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten andererseits unterlägen im Rahmen der dualen Ordnung des Rundfunks einer unterschiedlichen Rundfunkaufsicht mit jeweils eigenständigen Zuständigkeiten und Regelungen. Die Mittel der Rundfunkaufsicht müssten deshalb nicht identisch sein.
una/LTO-Redaktion
BVerwG zu rechtswidrigen TV-Sendungen: . In: Legal Tribune Online, 24.05.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6265 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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