Polens Richter dürfen sich künftig nicht mehr politisch betätigen. Sie müssen auch mit Strafen rechnen, wenn sie die Kompetenz eines anderen Gerichts anzweifeln. Präsident Duda hat ein Gesetz mit Disziplinierungsmaßnahmen unterschrieben.
Polens Präsident Andrzej Duda hat ein umstrittenes Gesetz zur Disziplinierung von Richtern unterzeichnet. Dies sagte Dudas Sprecher Blazej Spychalski am Dienstag der Nachrichtenagentur PAP. Ende Januar hatte die nationalkonservative Regierungspartei PiS mit ihrer Mehrheit im Parlament das Gesetz verabschiedet. Vertreter der Opposition sehen in der Entscheidung des Staatsoberhauptes einen antieuropäischen Schritt.
Das neue Gesetz sieht vor, dass Richter mit Geldstrafen, Herabstufung oder Entlassung rechnen müssen, wenn sie die Entscheidungskompetenz oder Legalität eines anderen Richters, einer Kammer oder eines Gerichts infrage stellen. Auch dürfen sie sich nicht (mehr) politisch betätigen.
Die EU-Kommission äußerte ihr Missfallen am Dienstagabend recht offen. "Wir haben unsere Bedenken zu mehreren Gelegenheiten geäußert", sagte ein Sprecher. Nun werde man den endgültigen Text analysieren und prüfen, ob er im Einklang mit EU-Recht stehe. "Die Kommission wird nicht zögern, angemessene Maßnahmen zu ergreifen." Eine solche Maßnahme könnte etwa eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) sein. Auch Verfassungsrechtler des Europarats hatten zuletzt ihre Sorge über das Gesetz zum Ausdruck gebracht.
Mit Richterdisziplinierung in den "Polexit"?
Die in Polen regierende PiS hat in den vergangenen Jahren das Justizwesen umgebaut. Die EU-Kommission hat wegen strittiger Reformen bereits mehrere Vertragsverletzungsverfahren gegen die Regierung in Warschau eröffnet und Klagen beim EuGH eingereicht. Duda stammt aus den Reihen der PiS, ist aber offiziell parteilos, wie es die polnische Verfassung vom Staatsoberhaupt verlangt. Der Präsident hatte in den vergangenen Wochen bereits durchblicken lassen, dass er das Gesetz unterstütze.
Die Entscheidung des Präsidenten sei ein Beweis für seine Unselbstständigkeit sowie für die Tatsache, dass er sich der bürgerfeindlichen und antieuropäischen Politik der PiS verschrieben habe, rügte Borys Budka, der Vorsitzende der größten Oppositionspartei, der liberalkonservativen Bürgerplattform. "Das ist der nächste Schritt, um dem Regierungslager Straffreiheit zu garantieren - und Polen absolutes Chaos im Justizwesen", schrieb Budka auf Twitter.
"Dies ist ein trauriger Tag für Polen, die EU, den Rechtsstaat und die Rechtssicherheit der Bürger", kritisierte Adam Bodnar, Polens Ombudsmann für Bürgerrechte. Polen habe damit einen Schritt in Richtung eines "rechtlichen Polexits" aus der EU gemacht. Dagegen sagte Regierungssprecher Piotr Müller dem Radiosender Jedynka, dies sei eine sehr gute Nachricht. "Ich freue mich, dass der Präsident sich zu diesem Schritt entschieden hat. Dies ist schließlich ein Element, das das Justizsystem stabilisieren wird." Das neue Gesetz muss nun noch im Gesetzblatt veröffentlicht werden und tritt dann 14 Tage nach der Veröffentlichung in Kraft.
dpa/mgö/LTO-Redaktion
Polen: . In: Legal Tribune Online, 05.02.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/40125 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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