Nach einem Raub beschreibt ein Zeuge den Verdächtigen gegenüber der Polizei wie den Rapper Bushido. Die Ordnungshüter nehmen kurzerhand dessen Foto als Vorlage für ein Phantombild. Nun hat der Rapper Anzeige gegen sie erstattet.
Die Vorstellung ist in der Tat gruselig: Man klickt sich nichtsahnend durch das Internet und stößt dort auf eine Verbrechensmeldung. Die Polizei fahndet nach dem Täter mit einem Phantombild und dieses sieht aus wie - man selbst.
Was zunächst wie ein böser Traum klingt, wurde so oder so ähnlich für den bekannten Berliner Rapper Bushido Wirklichkeit. Jetzt hat er Anzeige erstattet.
Das Bild, von der Polizei in Stade angefertigt und veröffentlicht, spricht für sich: Die Person, die darauf zu sehen ist, sieht dem Musiker, der mit bürgerlichem Namen Anis Mohamed Youssef Ferchichi heißt, zum Verwechseln ähnlich. Lediglich eine rote Kappe hatte der Urheber einem Foto des Rappers, welches hierfür verwendet wurde, beigefügt.
Mit dem Bild fahndete die Stader Polizei nach einem mutmaßlichen Räuber. Ein Zeuge hatte den Täter beschrieben - wohl mit Gesichtszügen, die jenen des Rappers ähneln. Vor zwei Wochen räumte das Landeskriminalamt Niedersachsen ein, dass der Zeichner des Phantombildes ein Foto von Bushido als Vorlage genutzt hatte, nachdem der Bildblog und weitere Medien auf die Ähnlichkeit aufmerksam geworden waren.
Anzeige wegen Verleumdung und Verfolgung Unschuldiger
Wie genau Bushido von dem Bild Kenntnis erlangte, ist nicht überliefert. Seine Reaktion ließ aber nicht lange auf sich warten. "Danke an die Polizei in Buxtehude für den Style Tipp! Werde mi(r) wahrscheinlich ein rotes Cap demnächst zulegen!" schrieb er auf dem Online-Portal Instagram. Daneben stellte er das Phantombild nebst eigenem Foto ein.
Doch bei dieser Antwort über die sozialen Medien, die naturgemäß Häme und Spott für die Polizei mit sich brachte, sollte es nicht bleiben. Wie die Staatsanwaltschaft in Stade mitteilte, ist dort noch vor Ostern eine Anzeige des Rappers eingegangen. Formal ist sie gegen Unbekannt erstattet, doch richten dürfte sie sich letztlich gegen die für die Erstellung des Phantombildes verantwortlichen Beamten.
Die vorgebrachten Vorwürfe lauten auf Verleumdung und Verfolgung Unschuldiger. "Das wird jetzt geprüft, mit welchem Ausgang auch immer", erklärte der stellvertretende Sprecher der Staatsanwaltschaft, Burkhard Vonnahme gegenüber LTO. Zum voraussichtlichen Ausgang der Prüfung wollte er keine Angaben machen.
Möglicherweise strafbar nach KunstUrhG
Dr. Niklas Haberkamm, Namenspartner der Kölner Kanzlei Lampmann, Haberkamm & Rosenbaum, sieht in dem Fall durchaus strafrechtliches Potential, wie er im Gespräch mit LTO erklärt: "Wenn die Polizei tatsächlich das Foto von Bushido für dieses Phantombild verwendet hat, dann liegt darin ganz sicher eine Persönlichkeitsrechtsverletzung, die auch strafrechtliche Relevanz hat".
Werde der Rapper durch die Veröffentlichung zu Unrecht mit der Tat in Verbindung gebracht, so könnten die in der Strafanzeige genannten Tatbestände durchaus in Betracht kommen. Doch neben den Vorschriften des Strafgesetzbuches (StGB) hält der Medienrechtler noch eine andere Norm für anwendbar: "Wenn ich sein Anwalt gewesen wäre, hätte ich – neben der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche – die Strafanzeige zudem auf § 33 KunstUrhG gestützt".
Die Vorschrift aus dem Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (KunstUrhG) stellt es unter Strafe, ein Bildnis gegen den Willen oder die berechtigten Interessen des Abgebildeten zu veröffentlichen. Nach der Einschätzung von Medienrechtler Haberkamm liegen diese Voraussetzungen bei dem verwendeten Bild ohne Zweifel vor. Ob die Anzeige tatsächlich strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen wird, bleibt abzuwarten. Die mediale Aufmerksamkeit ist Bushido jedenfalls sicher - wie auch der Polizei.
mam/LTO-Redaktion
Mit Materialien von dpa
Rapper geht strafrechtlich gegen Polizei vor: . In: Legal Tribune Online, 19.04.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22683 (abgerufen am: 18.11.2024 )
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