Wettbüros in Rheinland-Pfalz müssen 250 Meter Abstand zu Kinder- und Jugendeinrichtungen halten. Eine Betreiberin klagte dagegen. Ist die Abstandsregelung ein wirksames Mittel zur Suchtprävention? Die Frage entschied nun das OVG Koblenz.
Glücksspiel kann süchtig machen, daher ist das Gewerbe streng reguliert. Vor allem Kinder und Jugendliche sollen gar nicht erst in Versuchung geführt werden. Rheinland-Pfalz setzt auf physische Distanz: Wettbüros müssen mindestens 250 Meter Luftlinie Abstand zu öffentlichen oder privaten Einrichtungen einhalten, die überwiegend von Minderjährigen besucht werden. Diese pauschale Abstandsregelung ist mit Unionsrecht vereinbar, entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Koblenz per Eilbeschluss (v. 12.09.2023, Az. 6 B 10622/23.OVG).
Das OVG wies damit die Beschwerde einer Wettbüro-Betreiberin aus Zweibrücken zurück. Die hatte die Verlängerung ihrer glücksspielrechtlichen Erlaubnis beantragt, die zuständige Aufsichtsbehörde hatte dies aber unter Hinweis auf das nicht eingehaltene Abstandsgebot abgelehnt. Die Betreiberin widersprach der Ablehnung. Um den vorübergehenden Weiterbetrieb zu ermöglichen, stellte sie beim Verwaltungsgericht (VG) Neustadt an der Weinstraße einen Eilantrag. Sie hält die Abstandsregelung für europarechtswidrig.
Dies sah das VG Neustadt anders, das OVG bestätigte diese Rechtsauffassung nun. Das OVG konnte insbesondere keinen Verstoß gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot erkennen. Mit dieser Argumentation hatte die Wettbüro-Betreiberin gerügt, dass das Abstandsgebot aufgrund seiner zahlreichen Ausnahmen kein kohärentes Politikinstrument zur Begrenzung von Spielsucht sei.
OVG: Abstandsgebot ist effektives Mittel zur Suchtbekämpfung
Der Senat stellte laut einer Mitteilung des Gerichts vom Freitag zunächst klar, dass "das Abstandsgebot dem Spieler- und Jugendschutz" diene. Sportwettangebote hätten "insbesondere auch für Kinder und Jugendliche ein hohes Gefährdungspotenzial". Die Abstandsregel gewährleiste "eine örtliche Begrenzung des Angebots [...], um insbesondere Glücksspielsucht bei Kindern und Jugendlichen zu verhindern und zu bekämpfen".
Dadurch, dass sich Lotto-Annahmestellen und Bestandsspielhallen nicht an das Abstandsgebot halten müssen, werden diese Ziele laut OVG "nicht derart konterkariert", dass eine kohärente und systematische Verfolgung dieser Ziele nicht mehr vorliege. Vielmehr sei eine Differenzierung zwischen Lottoläden und Wettbüros deshalb angemessen, weil die Kunden in Lottoläden auch ihren Alltagsbedarf deckten, während Wettbüros ausschließlich von Personen aufgesucht würden, "die Sportwetten abschließen möchten oder Wettergebnisse live über Bildschirme mitverfolgten".
Hinsichtlich der Ungleichbehandlung von Wettbüros und Bestandsspielhallen verwies das Gericht darauf, dass für die Spielhallen eigentlich ein noch größerer Mindestabstand – von 500 Metern – gelte, Bestandsbetrieben bei Einführung der Regelung 2012 aber eine großzügige Übergangsfrist bis 2028 gewährt worden war.
Für die Betreiberin des Wettbüros bedeutet die negative Eilentscheidung, dass sie den Betrieb mangels Erlaubnis nun nicht weiter betreiben darf. Dies gilt unabhängig von der Entscheidung im behördlichen Widerspruchs- bzw. im verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahren. Hält sie sich nicht an das Verbot, kann die Behörde die zwangsweise Schließung anordnen.
mk/LTO-Redaktion
Wettbüros und Jugendschutz: . In: Legal Tribune Online, 22.09.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52770 (abgerufen am: 02.11.2024 )
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