OVG NRW setzt Corona-Regelung außer Vollzug: Keine Qua­ran­täne für alle mehr nach Rück­kehr aus Dritt­län­dern

08.06.2020

Auslandsrückkehrer sollten nach Willen der Landesregierung NRW 14 Tage in häusliche Quarantäne. Diese Regelung hat das OVG in einem Eilverfahren außer Vollzug gesetzt, so pauschal sei sie unverhältnismäßig.

Wer mehr als 72 Stunden in einem Drittland war, muss sich in Nordrhein-Westfalen (NRW) nicht mehr 14 Tage in häusliche Quarantäne begeben. Die entsprechende Regelung setzte das Oberverwaltungsgericht NRW (OVG) vorläufig außer Vollzug (Beschl. v. 5.6.2020, Az. 13 B 776/20.NE).

Nach der Coronaeinreiseverordnung sollten Personen, die mehr als 72 Stunden im Ausland waren und dann nach Nordrhein-Westfalen einreisen, sich auf direktem Weg für 14 Tage in die eigene häusliche Quarantäne begeben. Ausgenommen waren Rückreisen aus den EU-Mitgliedstaaten, Island, Liechtenstein, Norwegen, Schweiz, Großbritannien und Nordirland. In diesem Zeitraum durften die Rückkehrer keinen Besuch von Personen außerhalb des Hausstandes empfangen. Außerdem mussten sie sich unverzüglich beim Gesundheitsamt melden.

Gegen diese Verpflichtung wandte sich eine Kölner Familie mit minderjährigen Kindern. Sie war Anfang März zum Urlaub nach Thailand gereist und hatten die Heimreise bisher nicht angetreten. Nun wollen sie nach Hause, aber nicht in Quarantäne. Sie machten vor Gericht geltend, dass es hinsichtlich der aktuellen Lage und den Zahlen nicht mehr gerechtfertigt sei, pauschal alle aus Drittländern Einreisende unter Quarantäne zu stellen.

Infektionsschutzrechtlich nicht mehr notwendig

Das OVG gab der Familie Recht. Es sei zweifelhaft, ob es infektionsschutzrechtlich rechtmäßig ist, auch Einreisende, von denen keine Gefahr ausgehe, unter Quarantäne zu stellen. Es müsse wohl zumindest ein Ansteckungsverdacht gegeben sein. Auch außerhalb Europas gebe es aber eine Reihe von Staaten, in denen das Infektionsrisiko jedenfalls nicht höher sei als in Deutschland. Die Anordnung der häuslichen Quarantäne für jeden sei daher keine notwendige Schutzmaßnahme mehr. 

Das OVG entschied, dass NRW als Verordnungsgeber gehalten sei, die Regelungen entsprechend zu ändern. Beispielsweise könnten Risikogebiete festgelegt werden, aus denen die Einreise eine Quarantänepflicht begründet. Der Beschluss ist unanfechtbar.

Ähnlich hatte bereits im Mai das OVG Niedersachsen entschieden, das ebenfalls die pauschale Quarantänepflicht außer Kraft gesetzt hatte (Beschl. v. 11.05.2020, Az. 13 MN 143/20). Zu diesem Zeitpunkt galt allerdings die Quarantänepflicht auch noch für Einreisen aus der EU. Diese Regelung hob NRW bereits im Anschluss an die niedersächsische Entscheidung auf.

ast/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OVG NRW setzt Corona-Regelung außer Vollzug: . In: Legal Tribune Online, 08.06.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41831 (abgerufen am: 17.11.2024 )

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