Wie am Freitag bekannt wurde, hat das OVG Niedersachsen entschieden, dass ein Doktortitel nicht allein deshalb zurückgenommen werden kann, weil der Doktorvater sich für die Promotionsbetreuung hat bestechen lassen. Die Mitwirkung eines befangenen oder vom Promotionsverfahren ausgeschlossenen Prüfers stelle zwar einen Verfahrensfehler dar, der aber nicht zwingend zur Rechtswidrigkeit der Bewertung der Dissertation und der sonstigen Prüfungsleistungen führen müsse.
Geklagt hatten acht Juristen, die Zahlungen für die Vermittlung eines Doktorvaters an ein Institut für Promotionsvermittlung und -beratung geleistet hatten. Der Doktorvater hatte sich von dem Institut ein Erfolgshonorar für die Promotionsvermittlung auszahlen lassen und war deswegen wegen Bestechlichkeit zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die Universität Hannover nahm daraufhin die Verleihung der Doktorwürde an die promovierten Juristen zurück.
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Niedersachsen entschied nun, dass die Rücknahme fehlerhaft war und bestätigte damit die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Hannover. Der Verfahrensfehler allein rechtfertige eine Rücknahme nicht, wenn keine weiteren inhaltlichen Fehler hinzutreten. Zur Begründung führte das OVG aus, dass sich den betroffenen Promovenden nicht der Verdacht aufdrängen musste, dass der ihnen als Doktorvater vermittelte Universitätsprofessor für seine Bereitschaft zur Betreuung der Promotion von dem Institut für Promotionsvermittlung und -beratung bestochen worden war (Beschl v. 16.11.2001, Az. 2 LA 333/10 bis 337/10, 348/10 bis 350/10).
Keine inhaltlichen Mängel
Zum anderen lagen keine Anhaltspunkte für die Annahme vor, dass den im Promotionsverfahren zu bewertenden wissenschaftlichen Leistungen der Juristen weitere als die in der Person des als Prüfer tätig gewordenen Doktorvaters liegenden Mängel - wie etwa Fälschungen, die Übernahme fremden Gedankenguts oder die Inanspruchnahme unzulässiger Hilfsmittel - anhafteten. Daher hätte es der Universität oblegen der inhaltlichen Frage nachzugehen, ob die angefertigten Dissertationen wissenschaftlichen Ansprüchen genügten und einen Beitrag zum Fortschritt der Rechtswissenschaften leisteten. Hierzu hätte die Universität vor den Rücknahmeentscheidungen einen anderen Gutachter mit der Bewertung der Promotionsleistungen, insbesondere der Dissertationen betrauen müssen.
asc/LTO-Redaktion
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OVG Niedersachsen: . In: Legal Tribune Online, 25.11.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4907 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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