Mit der Öffnung kleinerer Läden gibt es erste Lockerungen im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Aber ist das Infektionsrisiko in kleinen Läden wirklich geringer als in großen? Das OVG Hamburg will diese Frage kommende Woche beantworten.
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Hamburg wird in der kommenden Woche über das Öffnungsverbot großer Läden wegen der Coronakrise entscheiden. Das Gericht erließ noch am Mittwochabend eine Zwischenverfügung, wonach ein Sportwarengeschäft in der Hamburger Innenstadt vorerst nur mit einer maximalen Verkaufsfläche von 800 Quadratmeter eröffnen darf (Beschl. v. 22.04.2020, Az. 5 Bs 64/20).
Die seit dem 20. April geltende Corona-Eindämmungsverordnung sieht Lockerungen für den Einzelhandel vor. Geschäfte dürfen demnach wieder öffnen – allerdings nur, wenn die Verkaufsfläche auf 800 Quadratmeter begrenzt ist. Ein Sportwarengeschäft hatte dagegen einstweiligen Rechtsschutz am Verwaltungsgericht (VG) Hamburg ersucht und auch bekommen: Nach Auffassung des VG ist die in der Verordnung getroffene Unterscheidung zwischen Läden mit einer Fläche von weniger als 800 Quadratmetern und größeren Läden, die nur mit reduzierter Fläche öffnen dürfen, nicht geeignet, dem mit der Rechtsverordnung verfolgten Zweck des Infektionsschutzes zu dienen. Vielmehr sei der Schutz in großen Geschäften "ebenso gut wie oder sogar besser als in kleineren Einrichtungen" zu erreichen, entschied das Gericht in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss.
OVG: Erfolgsaussichten der Beschwerde offen
Die Stadt Hamburg hatte dagegen Beschwerde eingelegt. Auf einen weiteren Antrag der Stadt, dass es bis zu einer endgültigen Entscheidung über die Beschwerde bei der Regelung der Verordnung bleiben soll und der Verkauf bis dahin nur auf Flächen bis 800 Quadratmater erfolgen darf, erließ das OVG nunmehr eine Zwischenverfügung. Danach darf das Sportwarengeschäft vorläufig - befristet bis zum 30. April - nur mit einer maximalen Verkaufsfläche von 800 Quadratmetern öffnen.
Nach Ansicht des OVG sind die Erfolgsaussichten der Beschwerde offen. Der Erlass der Zwischenverfügung sei daher zur Vermeidung schwerer und unabwendbarer Nachteile geboten, hieß es in der Gerichtsmitteilung. Sollte sich später herausstellen, dass die Zulassung größerer Verkaufsflächen doch zu einem erhöhten Infektionsrisiko führt, bestünde laut OVG "die konkrete Gefahr einer weiteren und nicht nachvollziehbaren Ausbreitung des Virus". Mit einer abschließenden Entscheidung über die Beschwerde ist laut Gericht in der kommenden Woche zu rechnen.
Dr. Dirk Rodewoldt, Rechtsanwalt und Partner bei der Wirtschaftskanzlei CMS, warnt vor einer Zersplitterung der Regelungen in Deutschland. "Als sich die Ministerpräsidenten der Länder vor einer Woche auf die 800-Quadratmeter-Flächengrenze für die Wiedereröffnung des Einzelhandels verständigt hatten, war schon klar, dass dieser Maßstab mit Pandemiebekämpfung eigentlich nicht viel zu tun hatte", so Rodewoldt. "Er war aus dem Städtebaurecht entlehnt, wäre bei konsequenter Anwendung aber immerhin einfach zu handhaben gewesen. In dieser Einfachheit lag sein Charme. Größere Geschäfte ziehen mehr Kunden an als kleinere und stellen deshalb grundsätzlich ein höheres Risiko dar."
acr/LTO-Redaktion
OVG Hamburg zum Streit um Ladenschließungen: . In: Legal Tribune Online, 23.04.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41394 (abgerufen am: 17.11.2024 )
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