Deutschlands Verwaltungsrichter haben in der Coronakrise viel zu tun. Landaus, landein gehen Eilanträge gegen die entsprechenden Verordnungen ein. Besonders die 800-Quadratmeter-Regel steht auf wackeligen Füßen.
Einreiseverbot, Nutzung von Zweitwohnungen und Schließung von Geschäften - das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Schleswig hat derzeit viel mit Anträgen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie zu tun. Bis zum 27. April seien am OVG 15 Normenkontrollanträge (Hauptsacheverfahren) eingegangen, sagte eine Gerichtssprecherin am Dienstag. Diese richteten sich direkt gegen die Sars-CoV-2-Bekämpfungsverordnung des Landes.
Hinzu kommen 16 Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit dem Ziel, einzelne Regelungen der Verordnung im Wege einer einstweiligen Anordnung vorläufig außer Vollzug zu setzen, und eine Anhörungsrüge. Diese Verfahren laufen erstinstanzlich am OVG.
Darüber hinaus sind zehn Beschwerdeverfahren und zwei Anhörungsrügen gegen erstinstanzliche Eilentscheidungen des Verwaltungsgerichts am OVG eingegangen. Hierbei geht es demnach meistens um Einzelmaßnahmen der Kreise in Form von Allgemeinverfügungen. Bei den Anträgen geht es beispielsweise um das Reiseverbot nach Schleswig-Holstein aus touristischem Anlass, um die Nutzung von Zweitwohnungen und um die Schließung von Geschäften. Erst am Montag eingegangen ist ein Antrag von vier Möbelhäusern gegen die Beschränkung der Verkaufsfläche auf 800 Quadratmeter. Weitere Anträge befassen sich etwa mit der Schließung eines Sportboothafens und der Pflicht, in bestimmten Situationen einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen.
Der zuständige 3. Senat sei sehr bemüht, zeitnah zu entscheiden, sagte die Gerichtssprecherin. Bisher sei ihm dies auch gelungen. Seit drei Wochen ist der 3. Senat nahezu ausschließlich mit diesen Verfahren befasst. Um einer Überlastung vorzubeugen, werden den Angaben zufolge zum 1. Mai Verfahren aus anderen Rechtsgebieten auf andere Senate umverteilt.
Gerichte Bewerten Regelungen unterschiedlich
Am Thüringer OVG in Weimar liegen derzeit sechs Eilverfahren wegen der Corona-Beschränkungen zur Entscheidung vor. So wendeten sich die Galeria Karstadt Kaufhof GmbH, die Karstadt Sports GmbH sowie drei Betreiber von Möbelhäusern gegen die 800-Quadratmeter-Begrenzung bei der Öffnung von Geschäften, wie Gerichtssprecherin Katharina Hoffmann am Dienstag mitteilte.
Das OVG Sachsen-Anhalt in Magdeburg wies einen Eilantrag gegen die 800-Quadratmeter-Regelung am Dienstag ab (Beschl. v. 27.04.2020, Az. 3 R 52/20). Der Landesregierung komme in der unsicheren epidemischen Lage bei der Beurteilung, welche Maßnahmen sie zur Verwirklichung der Ziele für geeignet, erforderlich und angemessen halten dürfe, ein gerichtlich nur begrenzt überprüfbarer Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, hieß es. Mit der Flächenbeschränkung habe sie ihren Spielraum nicht überschritten. Die Maßnahme sei verhältnismäßig.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München sieht in der 800-Quadratmeter-Regel einen verfassungswidrigen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die OVG in Niedersachsen und dem Saarland dagegen halten die Vorschrift für rechtens.
dpa/acr/LTO-Redaktion
Eilanträge an den Verwaltungsgerichten: . In: Legal Tribune Online, 28.04.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41445 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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