Ein Journalist einer überregionalen Tageszeitung hatte vom Ministerium der Justiz des Landes Brandenburg Auskünfte über 13 Richter sowie einen Staatsanwalt begehrt, bei denen Hinweise auf eine frühere Zusammenarbeit mit dem MfS der ehemaligen DDR bestünden. Die erstinstanzliche Ablehnung des Eilantrags hat der 10. Senat in einem am Donnerstag bekannt gewordenen Beschluss im Wesentlichen bestätigt.
Eine Auskunft über die gegen die Betroffenen im Einzelnen vorliegenden belastenden Erkenntnisse scheitert nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) an den Regelungen im Stasi-Unterlagen-Gesetz, die den Auskunftsanspruch nach dem Landespressegesetz verdrängen.
Auch eine namentliche Benennung der 13 Richter und des Staatsanwalts könne wegen des vorrangigen Persönlichkeitsrechts der Betroffenen nicht verlangt werden. Die Preisgabe ihrer Namen hätte für sie wegen der zu erwartenden Breitenwirkung erhebliche negative Folgen (Beschl. v. 28.10.2011, Az. OVG 10 S 33.11).
Ohne dienstliches Fehlverhalten keine Namensnennung
Dabei werde nach Ansicht der Richter berücksichtigt, dass das Auskunftsverlangen nicht auf einem Verhalten der betroffenen Bediensteten im Zusammenhang mit ihrer heutigen Tätigkeit beruht. Eine mögliche Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS), über die bei der Einstellung nicht getäuscht worden ist, liege inzwischen mehr als 20 Jahre zurück. Die Betroffenen stünden seit Jahren im Justizdienst des Landes Brandenburg und wurden vor ihrer Einstellung durch Richterwahl- bzw. Staatsanwaltsberufungsausschüsse überprüft.
Die nach der Wende getroffene Entscheidung des Landes Brandenburg, auch ehemalige Mitarbeiter des MfS zu Richtern bzw. Staatsanwälten zu ernennen, deren frühere Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit von den zuständigen Ausschüssen als hinnehmbar eingestuft worden ist, verpflichte den Dienstherrn heute - jedenfalls wenn kein dienstliches Fehlverhalten vorliegt – dazu, ihre Identität nicht zu offenbaren.
Gegenwärtige Einsatzort darf offenbart werden
Dagegen könne der Jounalist verlangen, über den gegenwärtigen Einsatzort der betroffenen Richter informiert zu werden, soweit dabei ihre Anonymität gewahrt werden kann.
Für den Staatsanwalt hat das OVG dies verneint. Dem Journalisten sei demnach nur mitzuteilen, in welchem Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit (Zivilrecht oder Strafrecht) und in welcher Instanz (Amtsgericht, Landgericht oder Oberlandesgericht) die in diesem Gerichtszweig tätigen neun Richter derzeit eingesetzt sind. Für die vier weiteren Richter ist anzugeben, in welchen Fachgerichtsbarkeiten (Arbeitsgerichtsbarkeit, Sozialgerichtsbarkeit, Verwaltungsgerichtsbarkeit oder Finanzgerichtsbarkeit) und in welcher Instanz ihr Einsatz gegenwärtig erfolgt.
Ferner sei dem Antragsteller mitzuteilen, wie viele der 13 Richter sich in den vergangenen 21 Jahren mit Restitutionsverfahren nach dem Vermögensgesetz bzw. dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz beschäftigt haben.
tko/LTO-Redaktion
Mehr auf LTO.de:
Nachrichtensperre nach Tod von Kirsten Heisig: "Der Fall kann Presserechtsgeschichte schreiben"
Beschäftigung von Ex-MfS-Mitarbeitern: Vom schwierigen Umgang mit dem personellen Erbe der DDR
Gesetzgebung: Stasi-Unterlagen-Gesetz geändert
OVG Berlin-Brandenburg: . In: Legal Tribune Online, 03.11.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4711 (abgerufen am: 22.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag