OVG Berlin-Brandenburg zum Verfassungsschutzbericht 2019: Auf­nahme der JA und des Flü­gels als Ver­dachts­fälle recht­mäßig

19.06.2020

Das OVG sieht "hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für "verfassungsfeindliche Bestrebungen" bei der AfD-Jugendorganisation JA und beim Flügel. Die Aufnahme im Verfassungsschutzbericht 2019 sei entsprechend rechtmäßig.

Das Bundesinnenministerium darf sowohl die "Junge Alternative für Deutschland" (JA) als auch den sogenannten Flügel im Verfassungsschutzbericht des Bundes 2019 als Verdachtsfälle aufführen. Ebenso ist es rechtmäßig, das geschätzte rechtsextremistische Personenpotenzial in die entsprechende Statistik des Berichts aufzunehmen. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg am Freitag in zwei Eilverfahren entschieden und die Beschwerden der AfD und ihrer Jugendorganisation gegen die entsprechenden Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Berlin zurückgewiesen (Beschl. v. 19.06.2020, Az. 1 S 55/20 und 1 S 56/20).

Der Erwähnung im Verfassungsschutzbericht stehe weder das Parteienprivileg entgegen noch könnten sich die Antragstellerinnen darauf berufen, dass sich aus erlaubten Meinungsäußerungen keine verfassungsfeindliche Zielrichtung ergeben könne, so der 1. Senat zur Begründung. Diese Sichtweise widerspreche dem Zweck des Verfassungsschutzberichts als Frühwarnsystem der Demokratie.

Es lägen auch hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen vor. Das zentrale politische Programm der JA folge dem Idealbild des "autochthonen Deutschen". Deutsche Staatsangehörige würden nach ihrer ethnischen Herkunft in Bürger erster und zweiter Klasse unterteilt. Diese diskriminierende Ausgrenzung verletze die Menschenwürde, so das OVG.

Verwendung rechtsextremer Kampfbegriffe

Äußerungen exponierter Vertreter des sogenannten Flügels lassen laut Gericht ebenfalls erkennen, dass sie ein rassistisches, gegen die Menschenwürde verstoßendes Volks- und Menschenbild pflegten. So stellten sie Muslime ausdrücklich rechtlos und grenzten bewusst ganze Bevölkerungsgruppen aus. Zudem werde "dem Islam" der Schutz der grundgesetzlich garantierten Religionsfreiheit nicht zugebilligt. Unter Verwendung rechtextremer Kampfbegriffe – etwa der "Umvolkung" – werde von beiden Gruppierungen der "Austausch des deutschen Volkes" behauptet. Die Beschlüsse sind unanfechtbar.

Der Flügel hat sich nach Forderungen der Parteispitze mittlerweile aufgelöst. Damit sind die Streitigkeiten zwischen der Partei und den Verfassungsschützern aber noch nicht vorbei. Erst am Montag teilte der Brandenburger Verfassungsschutz mit, die gesamte AfD im Land unter Beobachtung zu stellen. Das sei nach längerer Prüfung geschehen, wie das Innenministerium im Land Brandenburg mitteilte.

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OVG Berlin-Brandenburg zum Verfassungsschutzbericht 2019: . In: Legal Tribune Online, 19.06.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41957 (abgerufen am: 14.11.2024 )

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