OVG Berlin Brandenburg zu Auskunftspflicht: Bun­destag muss Lob­by­isten-Liste offen­legen

20.11.2015

Der Bundestag wollte es verhindern, das OVG macht ihm jetzt aber einen Strich durch die Rechnung. Er muss Pressevertretern Auskunft geben über die Namen der Lobbyisten, die einen Hausausweis bekommen haben.

Der Deutsche Bundestag muss Journalisten Auskunft darüber geben, welche Lobbyisten sich mit Hausausweis im Parlament bewegen. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg am Freitag in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren entschieden (Beschl. v. 20.11.2015, Az. OVG 6 S 45.15). Damit bestätigt das OVG einen gleichlautenden Beschluss der Vorinstanz.

Der Bundestag erteilt Hausausweise, die zum Zugang des Parlamentes berechtigen, an Interessenvertreter. Ein Teil der Verbände ist in eine offen einsehbare Liste eingetragen.
Doch auch nicht registrierte Lobbyisten bekommen den Ausweis, wenn sie mit einem vom Parlamentarischen Geschäftsführer einer Fraktion gezeichneten Antrag nachweisen, dass sie die Bundestagsgebäude im Interesse des Parlaments häufig aufsuchen müssen.

Der Tagesspiegel hatte dem Bundestag hierzu die Frage gestellt, an welche Verbände, Organisationen und Unternehmen in der laufenden Legislaturperiode auf Grund der Befürwortung von Fraktionen Hausausweise erteilt worden sind, um wie viele es sich handelt und welche Fraktion dies jeweils befürwortet hat. Linke, Grüne und SPD-Fraktion haben ihre Lobby-Liste freiwillig offengelegt, die CDU/CSU-Fraktion nicht. Nach einer Weigerung auch des Parlaments hatte die Zeitung den Eilantrag gestellt.

Freiheit des Mandats nicht betroffen

Der Auskunftsanspruch stehe den Interessen des freien Bundestagsmandates nicht entgegen, begründeten die Richter ihre Entscheidung. Die in Artikel 38 Abs. 1 des Grundgesetzes geschützte Freiheit des Mandats erfasse zwar auch das Informationsbeschaffungsverhalten der Bundestagsabgeordneten als Teil des parlamentarischen Willensbildungsprozesses.

Die begehrten Auskünfte ließen aber keine Rückschlüsse darauf zu, ob bzw. wie häufig einzelne Abgeordnete mit Interessenvertretern, die Inhaber von Hausausweisen sind, zu Gesprächen in den Räumen des Bundestages zusammenkommen.

Dies gelte auch für die Parlamentarischen Geschäftsführer, die lediglich stellvertretend für ihre Fraktion die Anträge auf Erteilung von Hausausweisen befürworten. Daher sei nicht ersichtlich, dass die Auskunftserteilung das Kommunikationsverhalten einzelner Abgeordneter beeinträchtigen könnte. Eine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der Interessenvertreter verneinte der Senat ebenfalls.

Der monatelange Streit vor Berliner Gerichten dürfte damit beendet sein: Der Beschluss des OVG ist unanfechtbar.

Die Entscheidung sowie ein weiteres offenes Hauptsacheverfahren rücken die Debatte um die Lobbyismus-Transparenz wieder in den Fokus. Abgeordnetenwatch.de hatte im Juni 2015 vor dem Verwaltungsgericht (VG) Berlin einen vorläufigen Sieg errungen. Der Bundestag hat gegen das Urteil jedoch Ende Oktober Berufung eingelegt.

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OVG Berlin Brandenburg zu Auskunftspflicht: . In: Legal Tribune Online, 20.11.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17615 (abgerufen am: 14.11.2024 )

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