NSU-Prozess kann fortgesetzt werden: OLG München weist Befangenheitsanträge zurück

13.05.2013

Im NSU-Prozess wies das OLG München die Befangenheitsanträge der Angeklagten Beate Zschäpe und Ralf Wohlleben am Freitag zurück. Damit kann das Verfahren am kommenden Dienstag fortgesetzt werden. Es gebe keine berechtigten Zweifel an der Unparteilichkeit der Richter, hieß in ähnlicher Form in den beiden Beschlüssen. Mit weiteren Anträgen ist zu rechnen.

Das Ergebnis ist nicht überraschend: Es gehört zu den Ritualen größerer Strafverfahren, dass die Verteidiger versuchen, das Gericht mit Befangenheitsanträgen mürbe zu machen - und es gehört genauso zur Praxis der meisten Strafgerichte, dass solche Anträge in aller Regel abgelehnt werden.

Am ersten Verhandlungstag hatten die Verteidiger Wohllebens und Zschäpes Ablehnungsanträge gegen insgesamt drei Richter des Senats gestellt. Daraufhin hatte das Oberlandesgericht (OLG) München entschieden, die Verhandlung zu unterbrechen.

Zschäpes Verteidiger hatten den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl abgelehnt, weil dieser angeordnet hatte, dass auch die Verteidiger vor Betreten des Saals durchsucht werden - im Gegensatz etwa zu den Vertretern der Bundesanwaltschaft. Damit sollte verhindert werden, dass die Anwälte - möglicherweise unwissentlich - Waffen oder verbotene Gegenstände in den Saal bringen. Für diese Unterscheidung gebe es jedoch Gründe, so das Gericht: Die Verteidiger befänden sich in einem "besonderen Näheverhältnis" zu den Angeklagten (Az. 6 St 3/12).

Verteidiger wollen weitere Anträge stellen

Wohllebens Verteidiger hatten ihren Antrag unter anderem damit begründet, dass das Gericht für ihn keinen dritten Pflichtverteidiger bestellt hatte - im Gegensatz zur Hauptangeklagten Zschäpe, die von drei Anwälten verteidigt wird. Auch das sei begründet, entschied das Gericht: Die Vorwürfe gegen Zschäpe seien schwerwiegender. Wohlleben ist wegen Beihilfe zu neun Morden angeklagt. Der ehemalige NPD-Funktionär soll den Terroristen des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) die Pistole vom Typ Ceska besorgt haben, mit der neun Geschäftsleute türkischer und griechischer Herkunft ermordet wurden. Zschäpe hingegen ist als Mittäterin angeklagt.

Nach § 24 Abs. 2 der Strafprozessordnung kann ein Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Ein Grund kann das Verhalten des Richters vor und während eines Verfahrens sein. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der jeweilige Richter tatsächlich parteiisch oder befangen ist. Es reicht aus, dass ein Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit zu zweifeln. Über den Befangenheitsantrag entscheidet das Gericht ohne den betroffenen Richter.

Am kommenden Dienstag soll der Prozess gegen Zschäpe und vier mutmaßliche Helfer des NSU fortgesetzt werden. Zschäpes Verteidiger Heer hatte bereits am Montag einen weiteren Antrag auf Aussetzung des Verfahrens angekündigt. Vertreter von Angehörigen hatten der Verteidigung vorgeworfen, sie wolle das Verfahren verzögern.

dpa/cko/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

NSU-Prozess kann fortgesetzt werden: . In: Legal Tribune Online, 13.05.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8707 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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