Dem Oberlandesgericht Köln wurde eine Berufungsbegründung vorgelegt, die hauptsächlich aus Textbausteinen und Schreibvorlagen bestand. So ganz ohne Streitfallbezug geht das nicht, befand das Gericht, und lehnte die Berufung ab.
Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat eine Berufung als unzulässig verworfen, weil sie den gesetzlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung nicht genüge. Stolze 146 Seiten würden nicht als Begründung ausreichen, wenn sie sich zu wenig auf den konkreten Fall beziehen. Der Einsatz von Textbausteinen und Urteilsversatzstücken mit nur sporadischem Streitfallbezug wird den gesetzlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung jedenfalls nicht gerecht (OLG Köln Beschl. v. 18.08.2020 – Az. 15 U 171/19).
Dem OLG Köln lag ein Fall im Zusammenhang mit dem Dieselskandal vor. Das Landgericht Köln hatte zuvor die entsprechende Klage wegen Bedenken an der Substantiierung zurückgewiesen, sodass die Klägerin Berufung vor dem OLG Köln eingelegt hat. Die Berufungsbegründung ähnele jedoch laut Gericht eher einem Rechtsgutachten zur Dieselkrise mit umfassenden Ausführungen zu deren Historie. Der Schriftsatz sei außerdem so aufgebaut, als könne er als Vorlage für jede Berufung im Bereich des Dieselskandals fungieren.
Es ließe sich sogar erkennen, dass eine Vorlage genutzt wurde, die eigentlich für erstinstanzliche Klagen gedacht ist und nicht für Berufungen, so die Richter. Dem Gericht wurden außerdem alternativ zu lesende Auswahlbegründungen vorgelegt – so sei die Berufungsbegründung für das Gericht erkennbar sowohl auf Euro 5-Fahrzeuge als auch Euro 6-Fahrzeuge bezogen gewesen. Zum Beispiel sei auch aufgeführt worden, dass bei dem Fahrzeug "kein/ein" Ad-Blue-Tank verbaut sei, ohne dass sich jemals innerhalb des Schriftsatzes fallbezogen auf eine Alternative festgelegt worden sei. Die Klagepartei sei permanent geschlechtsneutral "Klagepartei" genannt worden.
Sollte sich das Gericht das Passende "heraussuchen"?
Dieser Schriftsatz genüge nicht den Anforderungen an eine Berufungsbegründungsschrift nach § 520 Zivilprozessordnung (ZPO). Gemäß § 520 Abs. 3 Nr. 1 ZPO muss deutlich werden, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen beantragt werden. Nach Nr. 2 müssen zudem die Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben, bezeichnet werden. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen begründen, müssen benannt (Nr. 3) sowie neue Angriffs- und Verteidigungsmittel und Tatsachen, aufgrund derer sie zuzulassen sind, bezeichnet werden (Nr. 4).
Diese Anforderungen dürften zwar nicht überzogen streng interpretiert werden, so das OLG. In der Berufungsbegründung seien jedoch die im konkreten Fall primär zu prüfenden Fragen ausgeblendet worden. Laut Pressemitteilung des Gerichts sei offensichtlich davon ausgegangen worden, dass das Gericht sich schon das "Passende 'heraussuchen' werde". Das reiche nicht aus, um den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO zu genügen.
pdi/LTO-Redaktion
OLG Köln zur Berufungsbegründung: . In: Legal Tribune Online, 25.08.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42592 (abgerufen am: 16.11.2024 )
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