Straftäter, die zu lange in Sicherungsverwahrung waren, haben einen Anspruch auf Entschädigung. Das entschied das OLG Karlsruhe am Donnerstag in zweiter Instanz.
Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe sprach vier verurteilten Vergewaltigern Entschädigungen zwischen 49.000 und 73.000 Euro zu (Urt. v. 29.11.2012, Az. 12 U 60/12 u.a.). Damit bestätigte es das Urteil aus erster Instanz. Das Land Baden-Württemberg hatte gegen das Urteil des Landgerichts Berufung eingelegt und muss nun die Kosten für die Entschädigungen tragen. Das Urteil im bundesweit ersten Prozess um Entschädigung für frühere Sicherungsverwahrte dürfte Signalwirkung haben.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte 2009 die nachträgliche Verlängerung der Sicherungsverwahrung für rechtswidrig erklärt. Die Kläger hatten wegen Vergewaltigung - in einem Fall zudem wegen Mordversuchs - lange Haftstrafen verbüßt und danach zehn Jahre Sicherungsverwahrung abgesessen.
Das war zur Zeit der Verurteilung das Maximum. 1998 ermöglichte der Gesetzgeber die unbefristete Verwahrung. Statt entlassen zu werden, blieben die Männer weitere acht bis zwölf Jahre eingesperrt. Nach ihrer Freilassung verklagten die Männer das Land auf Entschädigung.
Update: Für die Karlsruher Richter war klar: In derartigen Fällen folgt direkt aus der Konvention ein Anspruch auf Schadensersatz. Der Vorsitzende Richter Michael Zöller betonte, dass dies keine Relativierung des Leids der Opfer bedeute: "Das sind vier Leute, die sicherlich großen Schaden angerichtet haben. Es hindert sie niemand daran, mit dem Geld den Schaden wieder auszugleichen." So etwas könne das Gericht allerdings nicht anordnen.
Das OLG bestätigte auch, dass der Entschädigungsanspruch gegen das Bundesland geltend gemacht werden kann, das die Sicherungsverwahrung vollstreckt hatte. Der Anwalt des Landes Baden-Württemberg hatte argumentiert, das Land habe keine Alternative gehabt, als die vom Bund erlassenen Gesetze zur Sicherungsverwahrung zu vollziehen. Zur Frage, ob das Land Revision zum Bundesgerichtshof einlegen werde, gab es vom Justizministerium in Stuttgart zunächst keine Stellungnahme.
Der Vorsitzende Richter hatte in der Verhandlung kritisiert, dass sich das Land nicht sofort im Wege der Sprungrevision an den Bundesgerichtshof gewandt habe. Damit hätte man die Verhandlung vor dem OLG sparen können. "Diese Instanz kostet Anwaltsgebühren von 30.000 Euro, die das Land zu zahlen hat", sagte Zöller.
dpa/age/LTO-Redaktion
OLG Karlsruhe bestätigt Urteil: . In: Legal Tribune Online, 29.11.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7673 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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