Das Schifffahrtsobergericht beim OLG Karlsruhe hat seine Rechtsprechung geändert und die Grenze für die absolute Fahruntüchtigkeit derer im Straßenverkehr angeglichen: Auch für Schiffsführer gilt nun der Wert von 1,1 Promille.
Auch wenn Schiffe meist langsamer unterwegs sind als Autos, gelten Menschen am Steuer ab einem Promillewert von 1,1 nicht mehr als fahrtüchtig. Das Schifffahrtsobergericht beim Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat seine Rechtsprechung geändert und den Wert von 1,3 herabgesetzt, wie ein Sprecher kürzlich bestätigte (Urt. v. 09.11.2020, Az. Ns 4 Rv 22 Ss 311/20).
In dem Fall ging es um einen Angeklagten, den die Wasserschutzpolizei auf dem Rhein am Steuer eines Sportbootes nach einem Restaurantbesuch kontrolliert hatte. Die Beamten bemerkten Alkoholgeruch, eine Blutprobe ergab eine Alkoholkonzentration von 1,26 Promille. Das Schifffahrtsgericht Mannheim verurteilte ihn wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 100 Euro, also insgesamt 3.000 Euro. Die Berufung in Karlsruhe Ende vergangenen Jahres hatte keinen Erfolg.
"Aufgrund verkehrsmedizinischer Untersuchungen (...) zur alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit hat sich neuerdings mit Recht die Auffassung durchgesetzt, dass die Anforderungen, die an die Konzentrations-, Navigations- und Reaktionsfähigkeit eines Schiffsführers gestellt werden müssen, nicht anders zu beurteilen sind als beim Kraftfahrzeugverkehr", heißt es in der Begründung. Ein Schiffsführer müsse zum Beispiel wegen der langsameren Reaktion des Schiffes auf eingeleitete Manöver erheblich weiter voraus denken.
Wann sind Schifffahrtsgerichte zuständig?
Zu den Binnenschifffahrtssachen zählen nach Angaben des Amtsgerichts Duisburg-Ruhrort bürgerliche Streitigkeiten aus der Schifffahrt in Binnengewässern, wie zum Beispiel Schadensersatzansprüche aus Unfällen, Beschädigungen oder unerlaubten Handlungen, aber auch Straf- und Bußgeldsachen wie zum Beispiel die Trunkenheit des Schiffsführers. Die gesetzlichen Bestimmungen ergeben sich aus Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Binnenschifffahrtssachen (BinSchGerG).
Schifffahrtgerichte gibt es bei einigen Amtsgerichten. In Baden-Württemberg etwa in Konstanz (für den baden-württembergischen Teil des Bodensees und den Rhein zwischen Bodensee und Basel), in Kehl (Rhein zwischen Basel und Karlsruhe) und in Mannheim (für Rhein von Karlsruhe bis zur badisch-hessischen Grenze sowie für den Neckar und die zu Baden-Württemberg gehörende Mainstrecke bei Wertheim).
Rechtsmittelinstanz sind die Schifffahrtsobergerichte, die jeweils bei einigen OLG angesiedelt sind. Für die genannten Gerichte in Baden-Württemberg ist dies das OLG Karlsruhe, das auch für das Rheinschifffahrtsgericht im rheinland-pfälzischen Mainz zuständig ist. Spezielle Rheinschifffahrtsgerichte gibt es neben Kehl, Mannheim und Mainz in Sankt Goar (Rheinland-Pfalz) und Duisburg-Ruhrort (Nordrhein-Westfalen).
Grundlage für die Arbeit der Gerichte ist einem OLG-Sprecher zufolge unter anderem ein internationales Übereinkommen zwischen den Anliegerstaaten des Rheins, "das vermutlich zu den ältesten heute noch in Kraft befindlichen völkerrechtlichen Abkommen zählt". Für den Rhein ab Basel regele die revidierte Rheinschiffahrtsakte vom 17. Oktober 1868 in der Fassung vom 20. November 1963 ("Mannheimer Akte") gerichtliche Zuständigkeiten und das Verfahren. "Nationale gesetzliche Regelungen der Bundesrepublik Deutschland kommen nur zur Anwendung, soweit das Abkommen dies zulässt", erklärte der Sprecher.
dpa/mgö/LTO-Redaktion
Schifffahrtsobergericht beim OLG Karlsruhe: . In: Legal Tribune Online, 31.08.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45879 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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