Ein Ehepaar friert befruchtete Eizellen ein, doch die Frau stirbt. Der Mann klagt auf Herausgabe der Zellen, er und seine neue Ehefrau wollen sich damit ihren Kinderwunsch erfüllen. Das geht nicht, entschied das OLG Karlsruhe.
Ein Ehemann hat nach dem Tod seiner Frau keinen Anspruch auf die Herausgabe ihrer in einer Klinik eingefrorenen, befruchteten Eizellen. Der in Freiburg ansässige Zivilsenat des Oberlandesgerichtes (OLG) Karlsruhe wies am Freitag die Klage eines wiederverheirateten Witwers gegen die Uniklinik Freiburg ab. Die Klinik dürfe die 15 Eizellen der 2010 verstorbenen Frau nicht herausgeben, entschied das Gericht (Urt. v. 17.06.2016 Az. 14 U 165/15). Das deutsche Embryonenschutzgesetz verbiete die vom Kläger geforderte Herausgabe der Eizellen.
Der Kläger wollte sich mit Hilfe der Eizellen und gemeinsam mit seiner neuen Ehefrau, mit der er seit 2012 verheiratet ist, einen Kinderwunsch erfüllen. Er plante, die Zellen von seiner zweiten Ehefrau austragen zu lassen. Dies entspreche sowohl dem Wunsch seiner ersten als auch dem Willen seiner zweiten Frau, sagte er. Die Klinik lehnte dies jedoch ab und hielt die Eizellen unter Verschluss.
Der Witwer hatte Herausgabe befruchteter eingefrorener Eizellen im sog. 2-PN-Stadium (Vorkernstadium) seiner verstorbenen Ehefrau verlangt. Für den Fall, dass der Befruchtungsvorgang abgeschlossen und Embryonen entstanden seien, hat er deren Herausgabe begehrt.
Herausgabe sollte an Ehepaar gemeinsam erfolgen
Von Eizellen im 2-PN-Stadium wird gesprochen, wenn das männliche Spermium zwar bereits in die weibliche Eizelle eingedrungen ist, dort aber noch zwei Vorkerne (sog. Pronuklei) mit einem einfachen Chromosomensatz von Mann bzw. Frau vorhanden sind. Erst wenn sich die beiden Chromosomensätze zur ersten gemeinsamen Teilung zusammenfinden, liegt ein Embryo im Sinne des Embryonenschutzgesetzes vor.
Nach dem zwischen dem Ehepaar und der Klinik geschlossenen "Vertrag über die Kryokonservierung und nachfolgende Behandlung von Eizellen im 2-PN-Stadium sowie deren Verwahrung" sollte eine Herausgabe der Eizellen nur an das Ehepaar gemeinsam erfolgen. In einer gesonderten Erklärung, die der Mann und seine verstorbene Ehefrau unterzeichneten, heißt es, dass eine Aufbewahrung eingefrorener Eizellen im Vorkernstadium über den Tod eines Partners hinaus nicht möglich ist.
Embryonen, deren geplanter Transfer nicht stattfinden kann, sind nach Anrufen der Ethikkommission einzufrieren. Sollte ein Paar verstorben sein bzw. anderweitige Komplikationen auftreten, kann ein verbindliches Votum der Ärztekammer über weitere Maßnahmen bestimmen. Anlass für die Kryokonservierung der Eizellen war eine schwere Erkrankung der früheren Ehefrau des Mannes, die etwa eineinhalb Jahre später an ihrer Krankheit verstarb.
Klinik könnte sich strafbar machen
Der Mann hatte sich darauf berufen, Ansprüche auf Herausgabe der befruchteten Eizellen zu haben, damit er sich gemeinsam mit seiner zwischenzeitlichen Ehefrau einen Kinderwunsch erfüllen könne. Dies entspreche auch dem erklärten Willen seiner verstorbenen Ehefrau. Die Klinik hat eingewandt, der mit dem Ehepaar abgeschlossene Vertrag sehe vor, dass nach dem Tod eines Ehepartners eine Herausgabe an den Überlebenden nicht stattfinde. Auch stünden Verbotsnormen des Embryonenschutzgesetzes der Herausgabe entgegen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da vertragliche Ansprüche nach Versterben der Ehefrau nicht bestünden und auch das Embryonenschutzgesetz eine sog. "gespaltene Mutterschaft" verhindern wolle. Die Berufung des Mannes hat das OLG nun ebenfalls zurückgewiesen.
Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dem Mann stehe nach dem mit der Klinik geschlossenen Vertrag kein Anspruch auf Herausgabe von Eizellen im Vorkernstadium zu. Der Vertrag sehe ausdrücklich nur eine Herausgabe an beide Ehepartner vor, was nach dem Tod eines Ehegatten nicht mehr möglich sei. Auch wenn eine Herausgabe dem erklärten Willen der verstorbenen Ehefrau entsprochen habe, habe der Vertrag hierdurch nicht einseitig nachträglich abgeändert werden können. Einer nachträglichen Abänderung stehe auch das berechtigte Interesse der beklagten Klinik entgegen, dem Risiko zu begegnen, sich nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Embryonenschutzgesetz strafbar zu machen.
Embryo nicht eigentumsfähig
Auf Eigentumsansprüche könne sich der Mann ebenfalls nicht berufen, da er nicht Eigentümer der Eizellen im Vorkernstadium sei und die vertragliche Vereinbarung mit der Klinik einer Herausgabe entgegenstehe.
Soweit er hilfsweise die Herausgabe von Embryonen geltend macht, sei zwar unwahrscheinlich, dass solche bereits entstanden seien. Letztlich bedürfe diese Frage aber keiner Klärung. Denn selbst wenn Embryonen vorlägen, wäre nach der vom Kläger und seiner früheren Ehefrau unterzeichneten Erklärung ein Votum der Ärztekammer über weitere Maßnahmen einzuholen, dem sich die Vertragsparteien unterworfen hätten. Eigentumsansprüche des Klägers scheiterten daran, dass der menschliche Embryo - wie auch der Körper eines geborenen Menschen - kein Gegenstand sei, an dem Eigentum begründet werden könne.
acr/LTO-Redaktion
mit Materialien der dpa
OLG Karlsruhe zur Herausgabe von Eizellen: . In: Legal Tribune Online, 17.06.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19706 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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