OLG Hamm zur Verantwortlichkeit für den Klimawandel: Perua­ni­scher Land­wirt ver­klagt RWE

13.11.2017

Ein peruanischer Landwirt sieht sein Haus in der Heimat durch den Klimawandel bedroht und hat RWE verklagt: Der Stromkonzern soll die Kosten zum Schutz des Gebäudes vor Überschwemmungen übernehmen. Nun sollen die Hammer Richter entscheiden.

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm verhandelt ab Montag über die Klage des peruanischen Landwirts Saúl Luciano Lliuya gegen den Energiekonzern RWE. Der Mann ist Miteigentümer eines Hauses im Dorf Huaraz etwa 450 Kilometer nördlich von Lima, welches von Überschwemmungen durch Gletscherschmelze bedroht ist (Az. 5 U 15/17).

Er fordert von RWE, Maßnahmen zum Schutz seines Hauses in Peru zu bezahlen. Der Konzern sei durch den CO2-Ausstoß seiner Kraftwerke für den Klimawandel mitverantwortlich. Neben dieser Feststellung will der Landwirt mit Hilfsanträgen erreichen, dass der Energiekonzern ihm und einem Gemeindezusammenschluss die Kosten für bereits ausgeführte Schutzmaßnahmen erstattet. "Ich habe die Klage gegen RWE gerichtet, weil man nicht alle auf einmal verklagen kann", sagt er.

Beim Landgericht (LG) Essen war er mit seiner Klage gescheitert. Der Peruaner habe den Anteil von RWE an den globalen Treibhausemissionen benennen müssen und dies nicht einer Schätzung des Gerichts überlassen dürfen, so das LG. Genauso unbestimmt sei die geforderte Zahlung an den Gemeindezusammenschluss, weil nicht zu erkennen sei, an wen gegebenenfalls zu leisten sei.

LG Essen: Flutgefahr RWE nicht individuell zuzuordnen

Die Vorinstanz entschied darüber hinaus, dass sich die behauptete Flutgefahr RWE als Störerin nicht individuell zuordnen lasse. Es gebe zahllose Emittenten von Treibhausgasen. Wenn durch eine Vielzahl von Emittenten freigesetzte Treibhausgase durch einen komplexen Naturprozess eine Klimaänderung hervorriefen, lasse sich keine lineare Verursachungskette zwischen einer Quelle der Treibhausgase und dem vom Kläger vorgetragenen Schaden feststellen, so das Essener Gericht.

Ein RWE-Anwalt hatte beim ersten Prozess argumentiert, dass nicht einzelne Unternehmen die Verantwortung für globale Phänomene übernehmen könnten. Denn sonst drohe eine Klagewelle aller gegen alle. Der Rechtsstreit setzt sich dennoch fort: Für das Berufungsverfahren hat der peruanische Landwirt seine Klageanträge nun präzisiert.

Geschädigt vom Klimawandel sind viele Menschen: Allein in den Anden stellen zahlreiche Berglagunen, die aus der Gletscherschmelze entstehen, eine Gefahr für Orte in den Bergen dar. Ein plötzlicher Anstieg des Wasserspiegels kann zu hohen Flutwellen führen und hat bereits Erdrutsche verursacht.

Erderwärmung: Das Ende der Copacabana?

Gletscher haben gerade in den tropischen Gebirgen zudem eine bedeutende Funktion als Wasserspeicher. Besonders wichtig sind sie etwa für die Wasserversorgung in Peru, Bolivien und Ecuador.

Das kolumbianische Institut für Hydrologie, Meteorologie und Umwelt (Ideam) hat alarmierende Zahlen veröffentlicht. Demnach dürften bei gleichbleibender Geschwindigkeit der Schmelze in drei Jahrzehnten alle Gletscher Kolumbiens verschwunden sein.

Erklärtes Ziel der Weltgemeinschaft ist es, die Erwärmung weltweit deutlich unter zwei Grad, besser noch 1,5 Grad zu begrenzen. Die Klimakonferenz, die aktuell in Bonn stattfindet, sucht nach Lösungen, wie das zu schaffen ist.

In einer drei Grad wärmeren Welt müsste sich zum Beispiel sich die brasilianische Metropole Rio de Janeiro von ihren Stränden an der Copacabana verabschieden - ganz zu schweigen von all den bedrohten Inselstaaten in den Ozeanen, todbringenden Hurrikans und unkalkulierbaren Risiken auch in Europa. Und das knappe Gut Wasser würde auch in Kolumbien wohl noch knapper. 

mgö/LTO-Redaktion

Mit Materialien der dpa

Zitiervorschlag

OLG Hamm zur Verantwortlichkeit für den Klimawandel: . In: Legal Tribune Online, 13.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25491 (abgerufen am: 24.11.2024 )

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