Ein Internetverbot kann als Bewährungsauflage ausgesprochen werden. Laut einem Beschluss des OLG Hamm müssen nur für die Lebensführung notwendige Bereiche vom Verbot ausgenommen werden.
Einem wegen Verbreitung kinderpornographischer Schriften Verurteilten kann ein "Internetverbot" als Bewährungsweisung erteilt werden. Zumindest, wenn Bereiche ausgenommen werden, in denen der Verurteilte auf die Nutzung des Internets angewiesen ist. Diese Entscheidung hat das Oberlandesgerichts (OLG) Hamm jetzt bekannt gegeben (Beschl. v. 10.11.2015, Az. 1 Ws 507/15 und 508/15).
Der heute 49-jährige Verurteilte aus Witten war in den Jahren 2011 und 2012 wegen Verbreitung kinderpornographischer Schriften zu Freiheitsstrafen von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe wurde der Rest zur Bewährung ausgesetzt. Eine Bewährungsauflage war, keinen Internetanschluss zu betreiben, vorzuhalten oder zu nutzen. Ausgenommen wurde die für eine Umschulung notwendige Internetnutzung in den Schulungsräumlichkeiten.
Der Verurteilte hat die Aufhebung der Weisung unter anderem mit der Begründung beantragt, dass eine Kommunikation ohne das Internet in der heutigen Zeit praktisch nicht mehr möglich sei. Das Verbot erschwere in unzumutbarer Weise Dinge des alltäglichen Lebens, wie etwa den Kontakt zu Behörden. Zudem sei heutzutage ein Telefonanschluss ohne Internet zu keinem vernünftigen Preis mehr zu erhalten.
Nach Auffassung des OLG die Weisung hingegen keine unzumutbaren Anforderungen an die Lebensführung des Verurteilten. So verstoße sie nicht gegen das Grundrecht der Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Zwar sei der Schutzbereich betroffen, weil das Internet dazu geeignet und bestimmt sei, der Allgemeinheit Informationen zu verschaffen. Das Grundrecht sei aber nicht vorbehaltlos gewährleistet und könne durch eine Bewährungsweisung eingeschränkt werden.
Informationen auch über Zeitung und Radio erhältlich
Mit der Weisung werde die Lebensführung des Verurteilten nicht unzumutbar belastet. Angesichts der von ihm begangenen Taten sei sein weitgehender Ausschluss von der Internetnutzung eine Hilfe, um nicht erneut straffällig zu werden. Die hiermit verbundenen Einschränkungen seiner Lebensführung seien nicht unzumutbar. Der Verurteilte könne sich weiterhin zum Beispiel über Zeitungen, Zeitschriften, Anzeigenblätter, Radio oder Fernsehen Informationen jeglicher Art verschaffen. Ihm stehe auch frei, Dritte zu bitten, ihm Ausdrucke aus dem Internet mit Wohnungs- oder Stellenanzeigen zur Verfügung zu stellen. Telefon und Fernsehen dürfe er nutzen. Dabei seien die Kosten eines isolierten Telefon- und eines isolierten Kabelanschlusses möglicherweise höher als bei Gesamtpakten, die die Internetnutzung einschlössen. Doch auch dies mache die Weisung nicht unzumutbar. Angesichts der vorhandenen weiteren Informationsmöglichkeiten müsse der Verurteilte im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten entsprechende Prioritäten setzen.
Zudem sei die Weisung nicht unverhältnismäßig. Der Verurteilte könne zwar nicht über das Internet kommunizieren und auch keine Emails versenden. Ihm stünden aber genügend andere Kommunikationsmöglichkeiten mittels Telefon, Telefax, Brief oder persönliche Vorsprache zur Verfügung. Dass seine Kommunikation hierdurch eventuell leicht erschwert oder etwas verlangsamt werde, müsse er hinnehmen. Eine solche vergleichsweise geringe Beeinträchtigung sei angemessen, weil es nicht unerhebliche Straftaten zu vermeiden gelte.
Dass eine Internetnutzung derzeit noch nicht existenzwichtig sei, zeige sich nach Einschätzung der Hammer Richter schon daran, dass im Jahre 2014 der Anteil der Internetnutzer in Deutschland bei etwa 61,6 Prozent der Gesamtbevölkerung gelegen und nur etwa 79,5 Prozent der Gesamtbevölkerung über einen Internetzugang verfügt habe.
tap/LTO-Redaktion
Internetverbot als Bewährungsauflage: . In: Legal Tribune Online, 21.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17939 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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