OLG Hamm zum Dieselskandal um VW: Scha­dens­er­satz auch nach öff­ent­li­cher Berich­t­er­stat­tung

11.09.2019

Auch das OLG Hamm hat zum Dieselskandal bei VW entschieden. Es hat einer Kundin Schadenersatz zugesprochen, weil der Autobauer sie vorsätzlich sittenwidrig geschädigt habe – und das, obwohl beim Kauf schon darüber berichtet worden war.

Nun also auch das Oberlandesgericht (OLG) Hamm: Wie bereits andere Gerichte hatte es in einem Verfahren im Dieselskandal von Volkswagen (VW) zu entscheiden und hat eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Autobauers angenommen, wie am Dienstag bekanntgegeben wurde. Die Kundin bekommt Schadensersatz, obwohl zum Zeitpunkt des Kaufvertrags schon öffentlich über den Abgasskandal berichtet wurde (Urt. v. 10.09.2019, Az. 13 U 149/18).

In dem Fall aus dem Ruhrgebiet kaufte die Kundin im November 2016 einen VW-Beetle Cabrio bei einem Vertragshändler in Bochum. Bei der VW Bank nahm sie dazu noch ein Darlehen auf. Später stellte sich heraus, dass das Fahrzeug vom Abgasskandal betroffen ist. In dem Motor ihres Beetles ist also eine Abschalteinrichtung eingebaut, die auf dem Prüfstand dafür sorgt, dass das Auto andere Messwerte anzeigt als im Echtbetrieb.

Daraufhin klagte die Kundin auf Schadensersatz abzüglich eines Nutzungsersatzes aus § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), weil sie das Auto nicht gekauft hätte, wenn sie von der Manipulation der Abgaswerte gewusst hätte. Vor dem Landgericht (LG) Bochum scheiterte sie damit noch. Der Käuferin stünde kein Anspruch zu, weil in den Medien über den Abgasskandal umfangreich berichtet worden sei und die Thematik damit allgemein bekannt gewesen sei, argumentierte das LG. Die Problematik habe deshalb niemandem, der sich 2016 für den Erwerb eines VW-Diesel interessiert habe, verborgen bleiben können.  

OLG: Käuferin hat von manipulierter Software nichts gewusst

Das OLG Hamm hat sich dieser Auffassung allerdings nicht angeschlossen und der Berufung überwiegend stattgegeben. Wegen einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung von VW nach §§ 826, 31 BGB könne die Kundin ihren Kaufpreis und die bereits gezahlten Darlehensraten zurückverlangen und sich von den noch offenen Raten freistellen lassen. Ihrerseits müsse sie den Beetle zurückgeben und sich eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen.

Anderes als die Vorinstanz hat sich der 13. Zivilsenat in seiner mündlichen Verhandlung davon überzeugt gezeigt, dass weder die Käuferin noch ihr Ehemann davon gewusst haben, dass ihr Fahrzeug ebenfalls von dem Abgasskandal betroffen sei. Beide hätten nachvollziehbar geschildert das Auto nicht gekauft zu haben, wenn sie Kenntnis von der manipulierten Software gehabt hätten, so das OLG Hamm.

Auch die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen bejahte der Senat. VW habe die Kundin über eine uneingeschränkte Betriebserlaubnis getäuscht, heißt es in dem Urteil. Eine solche habe der Beetle allerdings schon deshalb nicht gehabt, weil die installierte Motorsteuerungssoftware eine "Umschaltlogik" enthalten habe, die als unzulässige Abschalteinrichtung zu qualifizieren sei.

VW habe aus Gewinnmaximierung gehandelt

Dadurch habe die Käuferin einen nicht gewollten Kaufvertrag abgeschlossen und so einen Vermögensschaden erlitten. Schon als die Kundin das Fahrzeug erworben habe, habe nämlich durch die unzulässige Abschalteinrichtung ein Entzug der EG-Typengenehmigung und die Stilllegung des Fahrzeugs gedroht, erläutert das OLG.

Als sittenwidrig bezeichneten die Hammer Richter den Beweggrund des Autobauers. Volkswagen habe alleine hohe Absatzzahlen und eine Gewinnmaximierung vor Augen gehabt. Dabei habe das Unternehmen in Kauf genommen, sowohl Kunden als auch Zulassungsbehörden zu täuschen.

Dabei ging der Senat auch von einer Kenntnis des Vorstands aus. Volkswagen treffe insofern eine sekundäre Beweislast. Der Autobauer hätte also entgegenstehende Umstände darlegen müssen, dem er nicht nachgekommen sei.

Eine ähnliche Auffassung hatten zuvor auch schon das Kammergericht (KG) und die OLG in Köln, Koblenz und Karlsruhe vertreten. Ihre Kollegen in Hamm haben nun die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen – um eine einheitliche Rechtsprechung zu sichern, wie es in der Gerichtsmitteilung heißt.

mgö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OLG Hamm zum Dieselskandal um VW: . In: Legal Tribune Online, 11.09.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/37555 (abgerufen am: 24.11.2024 )

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