OLG Hamm: Geord­nete Fami­li­en­ver­hält­nisse ver­drängen den bio­lo­gi­schen Vater

29.01.2021

Da seine Tochter mit ihrer Mutter und deren Ehemann seit der Geburt zusammenlebt, kann ein biologischer Vater die rechtliche Vaterschaft des Ehemannes nicht beseitigen. Das hat das OLG Hamm entschieden.

Familiäre Beziehungen können dem Interesse des biologischen Vaters an der Anerkennung seiner rechtlichen Vaterschaft vorgehen. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im November entschieden und am Freitag bekanntgegeben (Beschl. v. 06.11.2020, Az. 12 WF 221/20).

Der biologische Vater einer Tochter begehrte, dass seine Vaterschaft auch gerichtlich anerkannt werde. Die bisherige rechtliche Vaterschaft des Ehemanns der Kindesmutter wollte der Antragsteller gleichzeitig aberkennen lassen. Das Amtsgericht hatte diesen Antrag jedoch abgelehnt, da die sozial-familiäre Beziehung zwischen dem Ehemann der Mutter des Kindes und dem Mädchen dem Antragsbegehren entgegenstehe.

Diese Ansicht bestätigte das OLG Hamm nun. Die sozial-familiäre Bindung zwischen dem nicht-biologischen Vater und dem Mädchen schließe eine Anfechtung der Vaterschaft nach § 1600 Abs. 2, 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aus. Eine solche Bindung liege vor, wenn der rechtliche Vater für das Kind tatsächlich die Verantwortung trägt. Das nahm das Gericht in dem vorliegenden Fall an, da der rechtliche Vater mit der Mutter verheiratet ist. Der klagende biologische Vater könne dieser Auffassung auch nicht entgegenhalten, dass der jetzige Ehemann und rechtliche Vater vor der Geburt des Kindes nur gelegentlich Kontakt mit der Mutter hatte und diese noch lange Zeit eine eigene Wohnung gehabt habe. Es sei auch nicht von Bedeutung, dass der Antragsteller mit Beginn der Schwangerschaft erklärt habe, Verantwortung für das Kind zu übernehmen. 

Entscheidend sei vielmehr, so das OLG, dass der Ehemann der Kindesmutter spätestens seit der Geburt mit ihr und dem Kind in einem Haushalt lebt und bereit ist, die Verantwortung für das Kind zu tragen. Dass der biologische Vater nun rechtlich gesehen überhaupt keine Möglichkeit mehr hat, die Vaterstellung für die leibliche Tochter einzunehmen, sieht das Gericht als Folge der in § 1600 BGB getroffenen aktuellen Rechtslage, wie es ausdrücklich betonte. Danach geht ein bestehender Familienverband dem Interesse des leiblichen Vaters vor. 

Der Beschluss des OLG ist nicht anfechtbar.

pdi/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OLG Hamm: . In: Legal Tribune Online, 29.01.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44132 (abgerufen am: 19.11.2024 )

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