Gegen einen in Deutschland erlassenen Haftbefehl kann der Gesuchte nicht einwenden, dass in dem Land, in dem er in Auslieferungshaft steckt, erschwerte Haftbedingungen herrschen. Das hat das OLG Hamm entschieden.
Der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm (OLG) hat klargestellt, dass eine im Senegal erlittene Auslieferungshaft unter schwierigen Bedingungen nicht ohne Weiteres zu einer Unverhältnismäßigkeit eines in Deutschland erlassenen Haftbefehls führt (Az. III-3 Ws 169/21, Beschl. v. 08.06.2021). Die erschwerten Haftbedingungen im Senegal könnten keine Unverhältnismäßigkeit begründen, weil der angeklagte Mann diese jedenfalls durch seine Flucht nach Afrika selbst verursacht habe.
Anlass war der Fall eines 62-Jährigen Mannes, der sich in den Senegal abgesetzt hatte. Er hatte wegen eines außer Vollzug gesetzten Haftbefehls eine Meldeauflage bei der Polizei gehabt und hatte zusätzlich seinen Reisepass abgeben müssen. Später hatte der Mann beantragt, ihm seinen Reisepass wieder auszuhändigen, um aus beruflichen Gründen nach Afrika reisen zu können. Dieses Ansinnen hatte dann das Amtsgericht Herford (AG) dazu veranlasst, einen neuen Untersuchungshaftbefehl wegen Fluchtgefahr zu erlassen (Az. 3 Ls 127/20, Beschl. v.11.12.2020). Der Mann war daraufhin in den Senegal geflogen.
Zur Durchsetzung des Haftbefehls des AG ist ein europäischer Haftbefehl erlassen worden, auf dessen Grundlage sich der Mann seit Mitte Februar im Senegal in Auslieferungshaft befindet. Gegen den Haftbefehl des AG hat sich der Mann - nach erfolgloser Beschwerde beim Landgericht Bielefeld - sodann an das OLG gewandt. Er brachte vor, der Haftbefehl sei unter anderem mit Blick auf die im Senegal erlittene Haft unverhältnismäßig.
Auch vor dem OLG hatte er nun keinen Erfolg mit diesem Vorbringen. Das Gericht hielt dagegen, dass es sich bei der Reise des Mannes nach Afrika um eine Flucht handele. Der Mann habe damit nicht nur gegen seine Meldeauflage verstoßen, sondern sei auch ausgereist, obwohl über seinen Antrag auf Aushändigung des Reisepasses noch nicht entschieden gewesen sei. Darüber hinaus habe er die erschwerte Haftbedingung im Senegal durch seine Flucht nach Afrika selber schuldhaft herbeigeführt.
Hinzu komme, dass die Zeit der Auslieferungshaft auf eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe angerechnet werden würde, betonte das OLG. Außerdem habe er weder der Justiz noch der Firma, für die er als freier Mitarbeiter in Afrika tätig gewesen sein soll, seinen Aufenthalt oder eine Kontaktmöglichkeit mitgeteilt. Schließlich sei er auch nach der Beendigung seiner beruflichen Tätigkeit nicht nach Deutschland zurückgekehrt, weswegen eine Unterhältnismäßigkeit des deutschen Haftbefehls nicht anzunehmen sei.
cp/LTO-Redaktion
OLG Hamm zur Flucht ins Ausland: . In: Legal Tribune Online, 18.06.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45246 (abgerufen am: 25.11.2024 )
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