OLG Düsseldorf zum Dieselskandal: Keine sit­ten­wid­rige Schä­d­i­gung durch Ther­mo­fenster

26.11.2020

Im Streit um das Thermofenster bei Dieselfahrzeugen hat das OLG Düsseldorf eine Klage gegen VW abgewiesen. Dass die Abgasreinigung nur bei bestimmten Temperaturen funktioniert, sei noch keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung.

Im Streit um das sogenannte Thermofenster bei Dieselfahrzeugen hat die Volkswagen AG vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf einen Erfolg errungen. Das Gericht entschied, dass VW bei Verwendung des Thermofensters nicht sittenwidrig vorgegangen ist und einem Kunden deshalb keinen Schadensersatz zahlen muss (Urt. V. 08.10.2020, Az. I-8 U 169/19).

Der Kläger hatte im Februar 2016 einen gebrauchten VW Tiguan erworben, der mit dem von Abgasskandal betroffenen Motor EA 189 ausgestattet ist. Nach Bekanntwerden des Skandals hatte VW in Abstimmung mit dem Kraftfahrtbundesamt (KBA) Software-Updates für die betroffenen Fahrzeuge zur Verfügung gestellt, durch das die Abgaswerte wieder eingehalten werden sollten. Auch auf das Fahrzeug des Klägers wurde ein solches Update aufgespielt.

Das Landgericht (LG) Düsseldorf hielt das Update aber nicht für ausreichend und sprach dem Kläger einen Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu. Auch die "Thermofenster" genannte Technik, durch die die Abgasreinigung nur innerhalb eines bestimmten Temperaturfensters funktioniert, hielt Das LG für eine unzulässige Abschaltvorrichtung. VW hatte dagegen argumentiert, dass das Thermofenster dem Bauteileschutz diene und deshalb eine zulässige Abschaltvorrichtung im Sinne der EU-Verordnung über die Kfz-Typengenehmigungen (VO (EG) 715/2007) sei.

OLG: Auslegung von VW vertretbar

Die Berufung von VW hatte am OLG Erfolg. Das Verhalten von VW sei nicht sittenwidrig, so das Gericht. Dem klagenden Kunden stehe deshalb kein Schadensersatz gegen VW zu. 

Ob es sich bei dem Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt, ließ das Gericht explizit offen. Anders als bei einer nur für den Prüfbetrieb eingerichteten unzulässigen Abschalteinrichtung, aus der per se die Sittenwidrigkeit des Vergehen abgeleitet werden könne, könne ein sittenwidriges Handeln im Falle des Thermofensters nicht ohne Weiteres angenommen werden, entschied das OLG. Hierzu müsste zumindest festgestellt werden, dass VW einen Verstoß gegen das Verbot einer Abschalteinrichtung billigend in Kauf genommen habe. 

Eine derartige Annahme sei aber schon deswegen nicht möglich, "weil eine Auslegung, wonach ein Thermofenster ausnahmsweise eine nach Art. 5 Abs. 2 Satz 2 lit a VO (EG) 715/2005 zulässige Abschalteinrichtung darstellt, vertretbar ist", so das Gericht im Urteil. Ein Handeln unter vertretbarer Auslegung der Vorschrift sei nicht verwerflich. 

Das OLG ließ die Revision nicht zu. Der Bundesgerichtshof wird sich trotzdem bald mit der Frage der Zulässigkeit von Thermofenstern beschäftigen. Ein entsprechender Verhandlungstermin ist für den 14. Dezember angesetzt. In dem Verfahren geht es allerdings um Thermofenster in Daimler-Motoren. Die Vorinstanz, das OLG Koblenz, hatte eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung durch das Thermofenster bei Daimler mit einer ähnlichen Argumentation abgelehnt wie nun das OLG Düsseldorf im Fall von VW.

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OLG Düsseldorf zum Dieselskandal: . In: Legal Tribune Online, 26.11.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43557 (abgerufen am: 07.11.2024 )

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