Ein Ehepaar hat sich zum Umzug entschlossen, weil ihr Nachbar sie regelmäßig gestalkt und bedroht habe - er ließ sich dabei viel einfallen. Nun muss er aber laut OLG Karlsruhe für die Umzugskosten aufkommen.
Bedroht jemand seine Nachbarn und ziehen diese deswegen weg, können sie die Umzugskosten ersetzt bekommen. Ein ehemaliger Nachbar eines Ehepaares wurde zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von über 44.000 Euro von dem Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) verurteilt (Urt. v. 5.11.2021, Az. 10 U 6/20).
Ein Mann hatte begonnen, das Ehepaares nach ihrem Einzug zu schikanieren - und ließ sich viel einfallen: Von ständigen Beobachtungen vom eigenen Fenster aus über nächtliche Klopfgeräusche an der Hauswand der Familie bis hin zu wiederholten, derben Beleidigungen und zwei konkreten Todesdrohungen. An einem Abend lief er dem Ehemann sogar mit einem erhobenen Beil hinterher. Der Ehemann konnte fliehen. Der Nachbar schlug aber mit dem Beil auf die Autos des Ehepaares ein.
Daraufhin war das Ehepaar zunächst für einige Monate in eine Mietwohnung gezogen und erwarb später ein neues Eigenheim. Die durch den Umzug entstandenen Kosten sowie die Nebenkosten für den Erwerb des neuen Hauses (also Grunderwerbsteuer und Notarkosten), aber auch den Mindererlös sowie die Marklercourtage der Veräußerung ihres verlassenen Hauses wollten die Eheleute ersetzt haben. Sie erhoben gegen ihren ehemaligen Nachbarn daher eine Schadensersatzklage über insgesamt mehr als 113.000 Euro. Damit hatten sie in erster Instanz vor dem Landgericht Mannheim jedoch keinen Erfolg.
Schäden müssen vom Schutzzweck der Norm umfasst sein
Im Berufungsverfahren sprach ihnen das OLG jetzt aber mehr als 44.000 Euro zu. Zur Begründung hat der Senat darauf hingewiesen, dass sich der Nachbar durch sein Verhalten wegen Nachstellung und wegen Bedrohung strafbar gemacht und damit Schutzgesetze verletzt habe. Daraus resultiere ein Schadensersatzanspruch des Ehepaares. Der Anspruch reiche aber nur so weit, wie die geltend gemachten Schäden auch vom Schutzzweck der Strafnormen erfasst seien. Dies sei bei Kosten anzunehmen, die zur Wiederherstellung des persönlichen Sicherheitsgefühls aufgewandt werden müssten. In diesem Fall seien dies die Umzugskosten sowie die Nebenkosten im Zusammenhang mit dem Erwerb des neuen Eigenheimes - im konkreten Fall eben 44.000 Euro.
Die Wertminderung an dem verlassenen Familienheim und Maklerprovision sehe der Senat als bloße Vermögensfolgeschäden, die außerhalb des Schutzzwecks der verletzten Strafnormen liegen. Insoweit habe die Klage daher auch weiterhin keinen Erfolg.
cp/LTO-Redaktion
OLG Karlsruhe zur Haftung aus unerlaubter Handlung: . In: Legal Tribune Online, 10.11.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46614 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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