Das OLG München hat am Mittwoch den mutmaßlichen NSU-Terrorhelfer Ralf Wohlleben befragt. Der 40-Jährige bestritt aber weiterhin die zentralen Vorwürfe der Anklage. Stattdessen beschuldigte er den Mitangeklagten Carsten S.
Im Münchner NSU-Prozess hat der Mitangeklagte Ralf Wohlleben versucht, die Anklagevorwürfe weiter zu entkräften. Er bestritt am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht (OLG) München erneut, eine Waffe für den NSU beschafft zu haben.
Wohlleben räumte in einer Befragung durch das Gericht ein, schon früh von einem Faible des späteren Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt für Waffen gewusst zu haben. Während er und der Mitangeklagte Holger G. Geld verspielt hätten, habe Böhnhardt immer in einem Waffenladen eingekauft. Von scharfen Waffen will Wohlleben aber nichts gewusst haben: "Ich könnte mich nicht erinnern, dass irgendwann einmal scharfe Waffen oder Sprengstoff bei uns ein Thema gewesen wären."
Wohlleben bestritt erneut, Böhnhardt und dem NSU eine Waffe besorgt zu haben - das ist der zentrale Vorwurf der Bundesanwaltschaft. Böhnhardt habe ihn zwar darum gebeten, er habe aber dem Wunsch nicht entsprochen. Er wisse auch nicht, wie und von wem die Waffe finanziert worden sei.
Allerdings belastete Wohlleben erneut Tino Brandt, damals führender Kopf der Neonazi-Szene und zugleich gut bezahlter V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes. Böhnhardt habe ihm damals gesagt, er soll wegen der Bezahlung der Waffe mal bei Brandt nachfragen. Brandt sei damals eine zentrale Figur gewesen: Er habe sich darum bemüht, dass sich in der rechten Szene etwas bewegt, sagte Wohlleben.
"Ich war halt irgendwie dabei"
Wohlleben beschuldigte abermals seinen Mitangeklagten Carsten S., die spätere Mordwaffe des NSU beschafft zu haben. Warum S. damals zu ihm kam, um ihm die Waffe zu zeigen, konnte Wohlleben aber nicht sagen. Er konnte auch nicht sagen, warum er damals die Waffe in die Hand nahm und einen mitgelieferten Schalldämpfer aufschraubte.
Zu seiner eigenen Rolle in der Szene sagte Wohlleben: "Ich würde halt einfach sagen, dass ich damals dabei gewesen bin." Die Bundesanwaltschaft sieht in dem Ex-NPD-Funktionär dagegen eine "steuernde Zentralfigur" in der Unterstützerszene der mutmaßlichen NSU-Terroristen Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe.
Wohlleben wurde vom Gericht auch gefragt, wie seine Haltung zur Nazi-Zeit sei. Dazu sagte er, "dass ich mich nicht von irgendeinem Geschichtsteil abwende und sage, der muss jetzt verteufelt werden". Er verherrliche die Zeit von 1933 bis 1945 nicht. Aber er sei auch der Meinung, dass die Aufarbeitung diesbezüglich relativ einseitig sei: dass man immer nur schaue, welche Kriegsschuld die Deutschen trügen - und nicht nach der Schuld der Amerikaner, Engländer oder Polen frage.
Zschäpe, die einzige Überlebende des NSU-Trios, hatte bereits ein knapp 60-seitiges Papier verlesen lassen und ist in München als Mittäterin an allen Taten des NSU angeklagt. Darunter sind zehn vorwiegend rassistisch motivierte Morde und zwei Bombenanschläge. Wohlleben ist in München wegen Beihilfe zum Mord angeklagt.
dpa/una/LTO-Redaktion
Ralf Wohlleben im NSU-Prozess befragt: . In: Legal Tribune Online, 13.01.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18134 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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