Nach der chaotischen Sitzung im Thüringer Landtag hat der Verfassungsgerichtshof entschieden, wie es am Samstag weitergehen wird. Es durchkreuzte damit den Plan des AfD-Alterspräsidenten, zuerst den Landtagspräsidenten wählen zu lassen.
Der Thüringer Verfassungsgerichtshof (VerfGH) hat am Freitag über das weitere Vorgehen im thüringischen Landtag entschieden: Die Geschäftsordnung des Landtages darf geändert werden, bevor ein Landtagspräsident gewählt worden ist. Damit gab der Verfassungsgerichtshof dem Antrag der CDU-Fraktion statt (Beschl. v. 27.09.2024, Az. VerfGH 36/24).
Die konstituierende Sitzung unter der Leitung von Treutler gestaltete sich am Donnerstag äußerst turbulent. CDU und BSW wollten per Antrag die Geschäftsordnung ändern, bevor der Landtagspräsident gewählt wird, doch dazu ließ es Treutler nicht kommen. Der Streit um die Geschäftsordnung ist darauf zurückzuführen, dass die AfD als stärkste Fraktion nach der aktuellen Geschäftsordnung das alleinige Vorschlagsrecht für den Landtagspräsidenten beansprucht. Die anderen Fraktionen hingegen streben eine Änderung der Geschäftsordnung an, um zu ermöglichen, dass der Landtagspräsident "aus der Mitte des Parlaments" gewählt werden kann und bereits im ersten Wahlgang entsprechende Vorschläge gemacht werden können.
Treutler verweigerte sowohl die Durchführung dieser als auch die Feststellung der Beschlussfähigkeit des Landtages, was zu zahlreichen Unterbrechungen führte. Die Fraktionen von CDU, BSW, Linken und SPD äußerten scharfe Kritik und warfen Treutler unter anderem vor, die Rechte der Abgeordneten zu beschneiden und gegen die Verfassung zu verstoßen. Infolgedessen wandte sich die CDU an das Thüringer Verfassungsgericht.
Alterspräsident verletzte Rechte der Abgeordneten
Die gab nun der CDU-Fraktion und den beigetretenen Fraktionen von BSW, SPD und Linke statt. Alterspräsident Treutler habe parlamentarische Antrags- und Mitwirkungsrechte der Abgeordneten verletzt. Das Gericht verpflichtete ihn, bei der Fortsetzung der konstituierenden Sitzung des Thüringer Landtags den Namensaufruf der Abgeordneten durchzuführen, daran anknüpfend die Feststellung über die Beschlussfähigkeit des Landtags zu treffen und sodann die vorläufige Tagesordnung in der Fassung vom 19. September 2024 im Plenum zur Abstimmung zu stellen. Genau diese Tagesordnung sieht vor, dass zuerst über die Änderung der Geschäftsordnung abgestimmt wird und später der Landtagspräsident gewählt wird.
Zur Begründung führt die Stattgabe des CDU-Antrags führt das Gericht aus, die Thüringer Verfassung treffe keine Regelung zur Reihenfolge der einzelnen Konstituierungshandlungen. Sie gebe insbesondere nicht vor, dass die Wahl des Landtagspräsidenten noch vor dem Beschluss einer Geschäftsordnung zu erfolgen habe. “Die Entscheidung darüber, in welcher Fassung die Tagesordnung beschlossen wird (..) obliegen allein dem Plenum des Landtags im Rahmen seiner Parlamentsautonomie”, so der Verfassungsgerichtshof im Beschluss. Damit sei auch eine Debatte und Beschlussfassung über eine Änderung der Geschäftsordnung bereits vor der Wahl des Landtagspräsidenten zulässig.
Mit weitergehenden Anträgen, etwa Treutler direkt zu verpflichten, über die Änderung der Geschäftsordnung abstimmen zu lassen, scheiterte die CDU. Der Antrag sei unzulässig, da das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Der weitergehende Antrag setze eine Willensbildung des Parlaments voraus, die noch nicht sicher sei. Denn das Parlament müsse zunächst einmal über die Tagesordnung abstimmen, die eine Abstimmung über die Änderung der Geschäftsordnung vorsieht.
Das Gericht entschied auch zur Frage, ob die von CDU und BSW beabsichtigte Neuregelung in der Geschäftsordnung, wonach sämtliche Fraktionen – und nicht allein die stärkste Fraktion – bereits für den 1. Wahlgang Wahlvorschläge für die Wahl des Landtagspräsidenten unterbreiten dürfen, verfassungsgemäß ist. Dabei kam es zu dem Schluss, dass diese Neuregelung weder gegen Bestimmungen der Thüringer Verfassung noch gegen verfassungsrechtliches Gewohnheitsrecht verstoße. Eine Nichtbehandlung des auf die Änderung der Wahlmodalitäten des Landtagspräsidenten gerichteten Antrags durch den Alterspräsidenten komme deshalb "unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht”, so das Gericht.
Genauer Fahrplan für Treutler
Konkret gab das Gericht am Ende des Beschlusses durch eine Nummerierung Treutler genaustens vor, wie die kommende Sitzung am Samstag abzulaufen hat:
- Ernennung von vorläufigen Schriftführern.
- Aufruf der Namen der Abgeordneten und Feststellung der Beschlussfähigkeit.
- Abstimmung des Plenums über die vorläufige Tagesordnung (…)
- Fortsetzung der Sitzung in der Reihenfolge der beschlossenen Tagesordnung.
Damit wird Alterspräsident Treuter nun in der nächsten Sitzung sowohl die Beschlussfähigkeit des Landtags feststellen müssen, als auch die Abstimmung über die Tagesordnung und bei Zustimmung zu dieser dann auch die Abstimmung über die Änderung der Geschäftsordnung zulassen müssen.
Der AfD-Plan nach den alten Regeln der Geschäftsordnung zuerst den Landtagspräsidenten wählen zu lassen, ist damit gescheitert.
xp/fz/LTO-Redaktion
Landesverfassungsgericht gibt CDU-Antrag statt: . In: Legal Tribune Online, 27.09.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55517 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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