Ein muslimisches Mädchen ist vor Gericht mit der Forderung gescheitert, vom gemischten Schwimmunterricht befreit zu werden. Die Kasseler Richter wiesen am Freitag die Berufung einer heute zwölf Jahre alten Schülerin aus Frankfurt ab. Sie wollte feststellen lassen, dass sie im abgelaufenen Schuljahr im Alter von elf Jahren zu Unrecht nicht vom koedukativen Schwimmunterricht befreit worden war.
"Die Klägerin hätte damals am Schwimmunterricht teilnehmen müssen. Für diesen Zeitpunkt in diesem Einzelfall gab es keine Gründe für eine Befreiung", sagte der Vorsitzende Richter und Präsident des Verwaltungsgerichtshofs (VGH), Hans Rothaug (Urt. v. 28.09.2012, Az. 7 A 1590/12).
Abzuwägen sei das Grundrecht der Religionsfreiheit mit dem ebenfalls im Grundgesetz verankerten staatlichen Bildungsauftrag. Er habe keinen Zweifel, dass die Klägerin es mit ihrem Glauben sehr ernst meine, betonte Rothaug. Das Tragen eines Burkinis sei ihr als "milderes Mittel" an dieser Schule aber möglich gewesen. An der Helene-Lange-Schule in Frankfurt haben vier von fünf Schülern einen Migrationshintergrund. Mehr als ein Drittel sind Muslime. Ein Burkini ist ein Badeanzug, der den Bekleidungsvorschriften des Islam entspricht.
Diesen hatte die Muslima abgelehnt. "Das ist ein Plastiksack und macht jemanden hässlich", sagte ihr Anwalt Klaus Meissner. Zudem hatte er mit dem Anblick der anderen Jungen und Mädchen argumentiert. Dies verletze ihr Schamgefühl. Die Klägerin sagte: "Ich möchte Jungen nicht in kurzer Bekleidung sehen. Ich mag sowas nicht." Das ließ der 7. Senat nicht gelten. Die Schülerin wolle Ärztin werden. Auch dann könne sie sich nicht jeder solchen Situation verschließen. Bereits das Verwaltungsgericht Frankfurt hatte die Klage abgewiesen.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte 1993 entschieden, dass eine Befreiung vom Schwimmunterricht möglich ist, wenn die Schule keinen getrennten Schwimmunterricht anbietet. "Die Schullandschaft hat sich verändert. Dem muss Rechnung getragen werden", sagte die Vertreterin des Landes vor dem VGH. Dem folgten die Richter. Die Entwicklung seit damals sei fortgeschritten. Zudem habe das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht, Integration verlange auch, dass religiöse Minderheiten sich nicht selbst ausgrenzten. Die Religionsfreiheit des Mädchens müsse vor diesem Integrationsauftrag teilweise zurücktreten.
dpa/tko/LTO-Redaktion
Hessischer VGH zur Religionsfreiheit: . In: Legal Tribune Online, 28.09.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7206 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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