Die Debatte um die künftige Asylpolitik verschärft sich. Bund und Länder drängen daher jeweils auf Reformen der rechtlichen Rahmenbedingungen. Die Ministerpräsidentenkonferenz fordert vor allem eine Beschleunigung der Verfahren.
Asylverfahren von Menschen mit geringer Bleibeperspektive sollen nach dem Willen der Länder künftig schnellerabgewickelt werden. "Bund und Länder haben das gemeinsame Ziel, Asylverfahren für Angehörige von Staaten, für die die Anerkennungsquote weniger als fünf Prozent beträgt, zügiger als bisher rechtskräftig abzuschließen", heißt es in einem Beschluss, auf den sich die Ministerpräsidenten am Freitag in Frankfurt am Main einigten. Erklärtes Ziel sei es, das Asylverfahren und das darauf häufig folgende Klageverfahren jeweils in drei Monaten abzuschließen. Sofern nötig, würden dafür die personellen und organisatorischen Voraussetzungen geschaffen. Falls für diese Vorgehensweise gesetzliche Regelungen erforderlich werden, werde der Bund gebeten, diese auf den Weg zu bringen, heißt es in dem Beschluss weiter.
Wenn es um Asylverfahren geht, ist der Bund in der Pflicht, genauer gesagt das dem Bundesinnenministerium unterstellte Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Die Verwaltungsgerichtsverfahren betreffen die Justizbehörden der Länder.
Ermöglicht werden soll die Beschleunigung der Asylverfahren dem Papier nach durch eine prioritäre Bearbeitung der Anträge von Menschen aus Staaten mit einer geringen Anerkennungsquote, erklärte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Das sei ein praktischer Schritt, der mehr bewirke als die seit Jahren geführte Debatte darüber, welche weiteren Länder als sogenannte sichere Herkunftsländer eingestuft werden sollten. Weil hob hervor, dass die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) konstruktiv und sehr konsensual verlaufen sei.
Absenkung der Sozialleistungsstandards?
Der hessische Regierungschef Boris Rhein (CDU) als amtierender Vorsitzender der MPK sagte, man wolle "zu einer Harmonisierung von Sozialleistungsstandards" für Asylbewerber und Flüchtlinge innerhalb der Europäischen Union kommen. Er warnte hier jedoch unter Verweis auf die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum Asylbewerberleistungsgesetz vor überzogenen Erwartungen.
Die Ministerpräsidenten forderten die Bundesregierung auf, in enger Abstimmung mit den Ländern "zeitnah die Voraussetzungen zur Einführung einer bundesweit einheitlich Bezahlkarte zu schaffen und dabei die Umsetzbarkeit in den Kommunen sicherzustellen". Die Bundesregierung solle zudem prüfen, ob Abschiebungen unmittelbar aus Einrichtungen des Bundes erfolgen könnten, etwa an größeren Flughäfen.
Weil betonte, in der Runde habe große Einigkeit geherrscht. Bremen hielt allerdings in einer Protokollerklärung zu dem Beschluss fest, man sei gegen "diskriminierende Maßnahmen wie etwa weitere, über die gegenwärtige Rechtslage hinausgehende Arbeitspflichten oder Bezahlkarten, die keine Bargeldabhebungen ermöglichen". Auch Thüringen war mit einzelnen Punkten nicht einverstanden. Bayern wiederholte die Forderung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach einer "Integrationsgrenze" bei der Asylzuwanderung und betonte, dafür seien "Rechtsänderungen auch verfassungsrechtlicher Art" zu prüfen und zu diskutieren.
Neben der Beschleunigung von Asylverfahren enthält der Beschluss auch die Forderung, den schnellen Weg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Der beste Weg für mehr Akzeptanz und schnellere Integration liege in der zügigen Arbeitsaufnahme. Aktuell angekündigte Gesetzgebungsvorhaben seien unter diesem Aspekt zu betrachten.
Bundesregierung: Erleichterte Abschiebungen und Zugang zum Arbeitsmarkt
Die Pläne der Länder sollen im kleinen Kreis mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Freitagabend besprochen werden. Zum Treffen eingeladen sind der MPK-Vorsitzende Rhein und sein Stellvertreter Weil sowie der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz. Schon vor Wochen hatte Bundeskanzler Scholz den Ländern und der "demokratischen Opposition" einen "Deutschlandpakt" angeboten, um Reformen voranzubringen. Diese sollen neben der Beschränkung der irregulären Migration vor allem auch Bürokratieabbau bewirken.
Die Ampelregierung hatte am vergangenen Mittwoch einen Gesetzentwurf für erleichterte Abschiebungen vorgelegt und angekündigt, die noch bestehenden Arbeitsverbote für Flüchtlinge bald weitgehend aufzuheben.
Hinsichtlich der vereinfachten Abschiebungen sprach Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Freitag im ARD-Morgenmagazin von potenziellen rechtlichen Hürden. Zu dem von ihm mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) verhandelten Paket gehöre auch, dass die Begründungspflicht für Abschiebungen reduziert werde. "Das heißt, man muss nicht verurteilt sein als Straftäter oder als Schleuser. Die Anklage oder der Verdacht reicht." Dabei gebe es juristische Bedenken, ob man jemanden wegen eines Verdachts abschieben könne. "Das muss der Kollege Marco Buschmann klären. Da ist er aber auch dran. Das ist eine juristische Frage", sagte der Vizekanzler.
lst/dpa/LTO-Redaktion
Ministerpräsidentenkonferenz: . In: Legal Tribune Online, 13.10.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52919 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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