Die Pkw-Maut bekommt mit Korrekturen zwar den juristischen Segen der EU. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestags aber sieht in den Regelungen nach wie vor eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit.
Die geplante Pkw-Maut verstößt laut einem Bundestagsgutachten des Wissenschaftlichen Dienstes im Auftrag der Grünen gegen EU-Recht - trotz der Änderungen, die Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) mit Brüssel vereinbart hat.
Für sich genommen, so heißt es in dem Papier, seien die Maut und die geplante Maut-Entlastung für inländische Autofahrer bei der Kfz-Steuer zwar nicht diskriminierend. Die gebotene Gesamtbetrachtung spreche aber dafür, dass die Kombination "eine mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit" zu Lasten von Straßennutzern aus anderen Mitgliedstaaten bewirke.
Diese nach EU-Recht verbotene Diskriminierung lasse sich auch "nicht auf unionsrechtlich anerkannte Rechtfertigungsgründe stützen", heißt es in der 51-seitigen Analyse, die der wissenschaftliche Dienst Anfang Februar veröffentlichte.
Ökologische Ausrichtung rechtfertigt Ungleichbehandlung nicht
Das Bundeskabinett hatte Ende Januar Änderungen an den seit 2015 geltenden Mautgesetzen auf den Weg gebracht. Sie setzen einen von Dobrindt und der EU-Kommission gefundenen Kompromiss um, mit dem Brüssel grünes Licht für die Maut geben will.
So sollen Inländer mit besonders abgasarmen Euro-6-Autos stärker per Kfz-Steuer-Senkung für ihre Mautzahlungen entlastet werden – insgesamt um jährlich 100 Millionen Euro zusätzlich im Vergleich zu den bisherigen Plänen. Weiterhin vorgesehen bleibt, dass überhaupt kein Inländer zusätzlich belastet werden soll.
Das Gutachten argumentiert nun, dieses auf eine unmittelbare Kompensation der Maut für Inländer abstellende System bewirke "eine Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der an sich gleichermaßen Infrastrukturabgabepflichtigen". Dies sei auch nicht abweichend zu bewerten, nur weil sich die Steuerentlastung nun nach der Schadstoffklasse des PKW richten soll. Auch andere Rechtsexperten sehen die überarbeiteten Änderungen nach wie vor kritisch.
Nachbarländer wollen klagen
Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer sagte: "Egal, was Dobrindt auch versucht: Die absurde Idee einer Maut, bei der am Ende nur Ausländer zahlen sollen, ist eine Diskriminierung und verstößt gegen EU-Recht. Es gibt eben keine diskriminierungsfreie Diskriminierung." Er forderte CDU und SPD im Bundestag auf, das Vorhaben endlich zu begraben. "Die Dobrindt-Maut reaktiviert Schlagbäume, schadet der Wirtschaft, bringt keine Einnahmen, ist ein Bürokratiemonster, hat keine ökologische Lenkungswirkung und diskriminiert Ausländer."
Dobrindt hat rechtliche Zweifel an seinem Maut-Modell wiederholt zurückgewiesen und stützt sich dafür inzwischen auch auf die EU-Kommission. Verkehrskommissarin Violeta Bulc hatte anlässlich der Maut-Einigung im Dezember erklärt, die beiden Gesetze zur Maut und zur Steuerentlastung "werden nach den angekündigten Änderungen gewährleisten, dass das deutsche Mautsystem mit dem EU-Recht in Einklang steht". Deutsche Nachbarländer, allen voran Österreich, sehen dagegen weiter eine Benachteiligung ihrer Bürger und drohen mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof.
dpa/una/LTO-Redaktion
Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes: . In: Legal Tribune Online, 17.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22133 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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