LSG Thüringen zu Studentenritualen: Unfall­kasse haftet nicht für Kit­tel­ver­b­ren­nung

10.12.2015

Manche Berufsgruppen haben seltsame Rituale: Bei angehenden Pharmazeuten werden Kittel verbrannt, wenn ein Ausbildungsabschnitt absolviert ist. Doch wenn dabei etwas passiert, muss die Unfallkasse nicht zahlen, entschied das LSG Thüringen.

Für Unfälle bei Studentenritualen muss die gesetzliche Unfallkasse nicht zahlen. Das entschied das Thüringer Landessozialgericht (LSG) am Donnerstag in Erfurt (Urt. v. 10.12.2015, Az. L 1 U 1264/14).

Anlässlich eines Abschlussrituals von Pharmazie-Studenten an der Friedrich-Schiller-Universität Jena waren im Jahr 2012 Kittel verbrannt worden. Dabei war es zu einer Verpuffung gekommen, weil ein Student während des Rituals mit Ethanol hantiert hatte. 13 Studenten hatten Verbrennungen erlitten, einige davon schwere.

Eine Pharmazie-Studentin, die im Juli 2012 an der Kittelverbrennung teilgenommen hatte, klagte gegen die gesetzliche Unfallkasse. Nach Angaben des Gerichts hatte die Unfallkasse mit dem Verweis auf den privaten Charakter der Studentenfeier zum Abschluss des sechsten Semesters eine Zahlung verweigert.

Zu Recht, entschied nun das LSG. Bei dem Unfall habe es sich nicht um einen Arbeitsunfall, sondern einen Unfall bei einem privaten Anlass gehandelt, so das Gericht. Es bestätigte damit das Urteil des Sozialgerichtes (SG) Altenburg. Eine Revision zum Bundessozialgericht ließ das LSG nicht zu.

Uni erlässt Auflagen für künftige Kittelverbrennungen

Zwar hatten die Studierenden zuvor dem Dekan einen Höflichkeitsbesuch abgestattet. Auch hatte die Universität die Freizeitaktivitäten der Studenten unterstützt und beispielsweise Stühle oder Bänke zur Verfügung gestellt. Dadurch trage die Hochschule nach Ansicht des Gerichts aber keine Mitverantwortung.

Zudem hätte die Universität auf die Planung und Organisation der Kittelverbrennung keinen Einfluss gehabt. Die Pharmazie-Studenten hatten die Feier in Eigeninitiative organisiert, hierfür Geld gesammelt und das Ritual anschließend im Innenhof eines Instituts auf dem Hochschulgelände durchgeführt.

Der Student, der wegen des Ethanol-Gebrauchs für die Verpuffung sorgte, wurde nach Angaben von Verfahrensbeteiligten vom Amtsgericht Jena zur Zahlung von insgesamt 4000 Euro an die vier Hauptgeschädigten verpflichtet. Ein Verfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung war zuvor allerdings eingestellt worden.

Seit dem Vorfall finden an der Schiller-Universität keine solchen Feiern mehr statt.∗

dpa/acr/ahe/LTO-Redaktion

∗Hier stand zunächst: Nach dem Vorfall erließ die Schiller-Universität Auflagen für künftige Kittelverbrennungen. Das ist falsch, teilte die Universität Jena mit. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.

Zitiervorschlag

LSG Thüringen zu Studentenritualen: . In: Legal Tribune Online, 10.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17826 (abgerufen am: 12.11.2024 )

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