LSG Mainz verweigert BSG die Gefolgschaft: Keine Sozial­hilfe für EU-Aus­länder

26.02.2016

Bereits mehrfach hat das BSG entschieden, dass EU-Ausländern nach sechs Monaten Aufenthalt Sozialhilfe zusteht. Damit habe es das Gesetz falsch ausgelegt, findet das LSG Mainz und entschied nun einen Fall entgegen der BSG-Rechtsprechung.

Von der Sozialhilfe ausgeschlossene erwerbsfähige Unionsbürger bleiben auch nach einem Aufenthalt von über sechs Monaten in Deutschland ohne Unterstützung, entschied das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz in einem einsweiligen Rechtsschutzverfahren. Zumindest dann, wenn der gesetzliche Ausschluss von Hartz IV darin begründet ist, dass sie sich nur zur Arbeitssuche in Deutschland aufhalten oder sie gar kein Aufenthaltsrecht (mehr) haben (Beschl. v. 11.02.2016, Az. L 3 AS 668/15 B ER).

Damit weicht der Senat von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ab, wonach bei einem Aufenthalt von EU-Bürgern im Bundesgebiet von mindestens sechs Monaten Sozialhilfe geleistet werden muss, weil das vom Gesetz vorgesehene Ermessen der Sozialhilfeträger zur Leistung in diesen Fällen auf Null reduziert sei.

Gesetze zeigen klare Zielrichtung

Der Sinn und Zweck der Regelungen im SGB XII sei es, einer "Einwanderung in die Sozialsysteme" unter Ausnutzung der Möglichkeiten, die die Freizügigkeit für EU-Bürger innerhalb des EU-Binnenmarktes bietet, entgegenzuwirken. Aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich die klare Zielsetzung, einen solchen Leistungsausschluss sicherzustellen, so das LSG.

Daher bedürfe es im Einzelfall besonderer Umstände, um von dem grundsätzlich geltenden Leistungsausschluss abzuweichen. Eine Leistungsgewährung an diesen Personenkreis sei weder europarechtlich geboten, noch ergebe sich eine entsprechende Pflicht aus dem deutschen Grundgesetz. Denn der dem Grundgesetz verpflichtete Gesetzgeber habe keine verfassungsrechtliche Pflicht über die gesetzlichen Regelungen hinaus jedem Menschen, der sich – aus welchen Gründen auch immer, also legal oder illegal – in Deutschland aufhält, voraussetzungslose Sozialleistungen zu gewähren. Die drei heutigen Existenzsicherungssysteme, deren verfassungsrechtlicher Kern das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ist, müssen nach Meinung der Mainzer Richter nicht um eine weitere Regelung ergänzt werden.

Mit seiner Einschätzung steht das LSG nicht alleine da. Das Sozialgericht (SG) Berlin hatte bereits Ende letzten Jahres ausdrücklich im Widerspruch zur BSG-Rechtsprechung entschieden. Auch die Berliner Richter waren der Meinung, dass das BSG mit seiner Ansicht die Grenzen richterlicher Auslegung überschreite.

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

LSG Mainz verweigert BSG die Gefolgschaft: . In: Legal Tribune Online, 26.02.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18618 (abgerufen am: 07.11.2024 )

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