In einer Notlage muss das Jobcenter zahlen, selbst wenn eine verwertbare Immobilie im Ausland vorhanden ist, so die Celler Richter. Die so vorläufig erbrachten Leistungen könnten die Bezieher in so einem Fall aber zurückzahlen müssen.
Wer Hartz-IV-Leistungen beziehen will, muss Immobilienvermögen vorher verwerten und von dem Erlös leben. Ausnahmsweise jedoch kann eine akute Notlage die Erbringung vorläufiger Leistungen durch das Jobcenter rechtfertigen. So hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in Celle in einem am Dienstag veröffentlichten Eilbeschluss entschieden (Beschl. v. 22.05.2019, Az. L 11 AS 209/19 B ER).
Dem Fall zugrunde lag das Verfahren eines deutsch-thailändischen Ehepaars aus dem Landkreis Wolfenbüttel. Die Frau besitzt ein Einfamilienhaus in Thailand, das von ihrer Mutter und einem Neffen bewohnt wird. In Deutschland lebte das Paar zunächst von Rücklagen, die stetig weniger wurden, bis sich schließlich Mietschulden anhäuften. Zuletzt hatte das Paar kein nennenswertes Barvermögen mehr.
Das Jobcenter lehnte die Gewährung von Leistungen ab, da das Haus in Thailand verwertbares Vermögen sei und das Paar sich kaum um dessen Verkauf bemüht habe. Das LSG hat das Jobcenter nun aber im Eilverfahren vorläufig zur Leistung verpflichtet. Zwar müsse eine Auslandsimmobilie selbst dann verkauft werden, wenn sie im Heimatland des Leistungsbeziehers von Familienangehörigen bewohnt wird oder später Altersruhesitz sein soll. Wenn die Immobilie jedoch nicht als "bereites Mittel" verfügbar sei, müsse eine Notlage vorläufig vom Jobcenter abgedeckt werden, entschied das LSG.
Paar muss Leistungen womöglich erstatten
Allein die theoretische Möglichkeit, Auslandsvermögen zu Geld zu machen, lasse die aktuell tatsächlich bestehende Hilfebedürftigkeit des Paares nicht entfallen, so das LSG weiter. Bei fehlenden bereiten Mitteln dürfe nicht auf lediglich fiktiv vorhandenes Einkommen verwiesen werden.
Das Paar hat aber laut Gericht nicht glaubhaft machen können, das Haus, dessen Wert das LSG auf 25.000 Euro schätzt, ernstlich verkaufen zu wollen. Die zwei gaben außerdem vor Gericht an, dass Immobilien in Thailand nicht über das Internet angeboten werden könnten. Das alles glaubten die Celler Richter indes nicht. Zwar habe das Paar nach eigenen Angaben ein entsprechendes Schild ("sale/hire") auf dem dortigen Grundstück aufgestellt. Dies ist nach Auffassung der Sozialrichter allerdings wenig erfolgversprechend, da das Haus an einer kaum frequentierten Anliegerstraße liege, an der kein Durchgangsverkehr fahre, und deren Zustand so desolat sei, dass nicht einmal die Müllabfuhr dort fahren könne.
Dass die Beiden das Fehlen bereiter Mittel infolge unzureichender Verkaufsbemühungen selbst zu vertreten haben dürften, stehe ihrer tatsächlichen Hilfebedürftigkeit laut LSG aber nicht entgegen. Allerdings hätten sie durch ihre unzureichenden Verkaufsbemühungen ihre Hilfebedürftigkeit vorwerfbar aufrechterhalten. Dies könne zu einem Erstattungsanspruch des Jobcenters führen, betonte der Senat.
acr/LTO-Redaktion
LSG Celle: . In: Legal Tribune Online, 16.07.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/36513 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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