Vor der Verhängung einer Sperrzeit und der Rückforderung von Arbeitslosengeld muss die Arbeitsagentur eine vollständige Rechtsfolgenbelehrung erteilen. Ein pauschaler Hinweis auf einem Merkblatt reiche dazu nicht aus, so das LSG in Celle.
Die Bundesagentur für Arbeit muss Arbeitslose vor der Verhängung einer Sperrzeit umfassend über die drohende Maßnahme informieren. Ein pauschaler Verweis auf einem Merkblatt reiche nicht aus, hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in Celle entschieden. Wie ein Gerichtssprecher am Montag mitteilte, muss die Arbeitsagentur Betroffenen eine vollständige Rechtsfolgenbelehrung erteilen, bevor sie eine Sperrzeit verhängt. Das ist in der Praxis sehr relevant, denn während einer Sperre erhalten Arbeitslose kein Arbeitslosengeld (Urt. v. 23.06.2021, Az. L 11 AL 95/19).
Geklagt hatte ein 42 Jahre alter Maschinenbauer aus Wolfsburg. Weil er sich nach einem Vermittlungsvorschlag nicht beworben hatte, verhängte die Arbeitsagentur gegen den Mann eine dreiwöchige Sperrzeit und forderte rund 1.400 Euro Arbeitslosengeld zurück. Der Mann erklärte, die Stelle habe nicht zu ihm gepasst. Wenn er aber eine Belehrung über die mögliche Sperrzeit erhalten hätte, hätte er sich trotzdem beworben, führte er vor Gericht an. Die Bundesagentur für Arbeit verwies darauf, dass auf der Rückseite eines Vermittlungsvorschlags immer eine Rechtsfolgenbelehrung stehe. Der mögliche Beginn einer Sperre ergebe sich dann aus einem Merkblatt.
Zunächst sah es nicht gut aus für den Mann: Im Klageverfahren konnte er dem Gericht den Originalausdruck trotz wiederholter Anfragen und wechselnden Erklärungen nicht vorlegen. Nach seinen letzten Ausführungen habe er ihn nur bis zur Erhebung der Klage aufgehoben. Hiernach habe er die Vorderseite abfotografiert; die Rückseite sei leer gewesen. Den Ausdruck habe er dann entsorgt.
Das LSG hob die Sperrzeit für den Mann aber trotzdem auf. Zwar hielt das Gericht das Vorbringen des Wolfsburgers für unglaubwürdig und fand es bemerkenswert, dass der Mann ein schriftliches Beweismittel "entsorge", mit welchem er die fehlende Belehrung hätte nachweisen können. Dem Urteil zufolge war die Rechtsfolgenbelehrung jedoch trotzdem unvollständig und damit unwirksam, da sie nicht über den Beginn der angedrohten Sperrzeit informierte. "Dies sei nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung aber erforderlich, da eine Belehrung konkret, richtig, vollständig und verständlich sein müsse, um ihre Aufklärungs- und Warnfunktion erfüllen zu können", befand das LSG.
dpa/acr/LTO-Redaktion
LSG Niedersachsen-Bremen: . In: Legal Tribune Online, 26.07.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45559 (abgerufen am: 04.11.2024 )
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