LSG Berlin-Brandenburg zu arbeitssuchenden EU-Bürgern: Über Grund­si­che­rung ent­scheiden die Ämter

20.04.2016

Nach höchster Rechtsprechung müssen arbeitssuchende Unionsbürger nach sechs Monaten Grundsicherung erhalten. Das hatte nicht nur das SG Berlin kritisiert. Nun entschied das LSG zu der Frage.

Das Landessozialgericht (LSG) Berlin- Brandenburg hat in zwei Eilverfahren zu der umstrittenen Frage entschieden, ob Unionsbürger Sozialleistungen beziehen können, wenn sie sich nur zum Zwecke der Arbeitssuche in Deutschland aufhalten. Die Richter schlossen dies zwar nicht aus. Es sei aber Aufgabe der Ämter, den Aufenthaltsstatus des Antragstellers in jedem Einzelfall zu prüfen (Beschl. v. 13.04.2016, Az. L 15 SO 53/16 B; L 23 SO 46/16 B).

In der den Rechtsstreitigkeiten zugrunde liegende Frage herrscht Uneinigkeit zwischen Deutschlands Sozialgerichten. Grundsicherung kann nach dem Gesetzeswortlaut des § 23 Zwölftes Sozialgesetzbuch (SGB XII) nicht beziehen, wer allein zum Zweck der Arbeitssuche in Deutschland ist, sein Aufenthaltsrecht sich also nur hieraus ergibt. Das Bundessozialgericht (BSG) hatte Ende des vergangenen Jahres in einem viel beachteten Urteil aber entschieden, dass bei einem Aufenthalt von sechs Monaten stets von einer Verfestigung auszugehen sei. Dann, so das BSG, sei das Ermessen der Behörde auf Null reduziert und sie müsse die begehrten Leistungen dennoch gewähren.

Ungewöhnlich offen stellte sich kurz darauf das Sozialgericht (SG) Berlin dem entgegen und warf anlässlich einer selbst zu treffenden Entscheidung den Kollegen einen Verfassungsbruch vor, da man die klare gesetzgeberische Intention ignoriert habe. Wer erwerbsfähig sei unterfalle schon nicht dem Regelungsbereich des Sozialhilferechts, hieß es aus Berlin.

LSG wählt Mittelweg

Auf eine der beiden Seiten hat sich das LSG nun aber nicht geschlagen, sondern eine Art Mittelweg gewählt. Zwar verpflichtete es den Sozialhilfeträger zunächst dazu, den beiden polnischen Antragstellern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für drei Monate zu gewähren. In dieser Zeit soll das Amt jedoch weitere Prüfungen anstellen, um den jeweiligen Aufenthaltsstatus der Antragsteller aufzuklären. Anders als die Kollegen in Kassel vertritt das LSG damit die Auffassung, dass die Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Aufenthaltsstatus im Ermessen der Behörde liegt. Diese solle nun klären, ob eine fundierte Ermessensentscheidung über die Weiterbewilligung von Sozialhilfe getroffen werden könne.

Es sei daher nicht Sache des Gerichts zu befinden, ob ein verfestigtes Aufenthaltsrecht vorliege. Es sei daher auch denkbar, dass das Ermessen der Behörde zu Lasten der Betroffenen ausgeübt werde, betonte das LSG.

Die Beschlüsse sind rechtskräftig.

una/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

LSG Berlin-Brandenburg zu arbeitssuchenden EU-Bürgern: . In: Legal Tribune Online, 20.04.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19154 (abgerufen am: 24.11.2024 )

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