Nach einer Verlinkung auf eine als linksextremistisch eingestufte Website wurden die Wohnungen und Redaktionsräume von Redakteuren durchsucht. Doch das war rechtswidrig, entschied das LG Karlsruhe zugunsten der Pressefreiheit.
Die Anklage gegen einen Redakteur des unabhängigen Senders Radio Dreyeckland (RDL) hat das Landgericht Karlsruhe (LG) nicht zugelassen. Die Staatsanwaltschaft hatte ihm zuvor die Unterstützung einer verbotenen Vereinigung vorgeworfen, weil er in einem Artikel eine verbotene Website verlinkt hatte.
Den Verein hinter der Plattform "linksunten.indymedia" hatte das Bundesinnenministerium als linksextremistisch eingestuft. Eine Klage gegen das Verbot hielt das Bundesverwaltungsgericht 2020 für zulässig aber unbegründet. Daraufhin hat RDL im Juli 2022 über dieses Verbot berichtet. Als Hintergrundinformation für die Leserinnen und Leser verlinkte der Radiosender die Archivseite der Plattform.
Doch die Verlinkung hatte ihre Folgen: Die Staatsanwaltschaft warf den Redakteuren die Unterstützung einer verbotenen Vereinigung vor und das Amtsgericht Karlsruhe ordnete die Durchsuchung der Redaktionsräume sowie der Wohnungen zweier Redakteure des Radiosenders an. Dabei beschlagnahmte die Polizei mehrere Laptops mit umfangreicher redaktioneller Kommunikation.
Mit der heutigen Entscheidung wurde der Vorwurf aus dem Weg geräumt. Die Maßnahmen waren rechtswidrig. Das LG hat klargestellt, dass sich Journalistinnen und Journalisten nicht strafbar machen, wenn sie im Rahmen der Berichterstattung auf rechtlich umstrittene Webseiten verlinken. Die Strafnormen müssten mit Blick auf die Presse-und Rundfunkfreiheit ausgelegt werden. So wertete das LG die Verlinkung als Teil der journalistischen Aufgaben. Sie sei keine strafbare Unterstützung einer verbotenen Vereinigung. Das Gericht hat außerdem bezweifelt, ob der verbotene Verein linksunten.indymedia überhaupt noch existiert. Ein nicht mehr existenter Verein könne auch nicht unterstützt werden.
Fabian Kienert, der RDL-Redakteur, gegen den Anklage erhoben worden war, ist erleichtert über den Beschluss, kritisiert aber zugleich: "Der Schaden ist damit nicht aus der Welt: Die Hausdurchsuchung hat meine Privatsphäre verletzt. Und sicher sind Journalist*innen verunsichert worden, wie sie über verbotene Organisationen berichten dürfen".
Nach dem Beschluss des LG muss die Polizei nun die Kopien der ursprünglich beschlagnahmten Datenträger löschen. Die Staatsanwaltschaft kann gegen die Nichtzulassung der Anklage noch Beschwerde einlegen. Über die von RDL und den betroffenen Journalisten eingelegten Beschwerden gegen die Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse hat das Landgericht noch nicht entschieden.
cp/LTO-Redaktion
Verlinkung auf verbotene Website: . In: Legal Tribune Online, 17.05.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51797 (abgerufen am: 18.11.2024 )
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