LG München II zur Streupflicht von Kommunen: Dau­er­schnee­fall ist ein beson­deres Pro­blem

28.12.2018

Ist mit langanhaltendem Schneefall zu rechnen, muss eine Gemeinde nicht ständig die Straßen streuen. Einem Mann, der sich auf einer ungestreuten Straße verletzt hatte, steht kein Schmerzensgeld zu, entschied das LG am Freitag.

Muss eine  Gemeinde Straßen vom Schnee räumen, auch wenn es ständig weiterschneit? Nein, entschied das Landgericht (LG) München II am Freitag (Urt. v. 28.12.2018, Az. 13 O 4859/16).

Ein Mann hatte die bayerische Gemeinde Kochel am See auf 10.000 Euro Schmerzensgeld verklagt, weil er sich am 30. Dezember 2014 bei einem Sturz auf einer nicht gestreuten Straße der Gemeinde Schlehdorf, die zur Verwaltungsgemeinschaft Kochel am See gehört*, eine Hirnblutung zugezogen hatte, die ihn bis heute beeinträchtigt.

Die Gemeinde hatte ihr Unterlassen damit begründet, dass an dem Tag das Streuen sinnlos gewesen wäre, da es ununterbrochen geschneit hatte. Das LG teilte die Auffassung der Gemeinde und vermochte insoweit keinen Pflichtverstoß erkennen. Es wies die Klage des Mannes ab.

Gegenüber LTO erläuterte Richter Florian Schweyer die Entscheidung. Die Gemeinde habe noch in den frühen Morgenstunden die Straße vom Schnee geräumt, im Laufe des Tages schneite es aber, wie Daten des Deutschen Wetterdienstes belegten, kontinuierlich weiter. Allein bis zum späteren Vormittag, als der Kläger auf der Gemeindestraße zu Fall kam, hatte sich eine vier bis fünf Zentimeter dicke Schneeschicht gebildet. "Diese Menge Neuschnee führte nach der – aus Sicht des Gerichts plausiblen – Bewertung des Sachverständigen dazu, dass ein Rollsplit-Einsatz am Morgen zeitgleich mit der Räumung gegen 11.45 Uhr keine Wirkung mehr erzielt hätte, wenn der Kläger auf Schnee ausgerutscht wäre", so Schreyer.

Streupflicht nur bei allgemeiner Eisglätte

Im Verfahren hatte der Kläger allerdings zusätzlich behauptet, er sei auch auf einer unter dem lockeren Schnee befindlichen Eisfläche ausgerutscht. Für diesen Umstand, den die Gemeinde im Prozess bestritt, habe der Geschädigte, der seine Klage auch erst zwei Jahre später nach seinem Sturz eingereicht hatte, allerdings keinerlei Belege vorgebracht, so das Gericht.

Im Übrigen hätte die Gemeinde bei Eisglätte nur dann ihre Streupflicht verletzt, wenn an dem Tag eine auch von der Rechtsprechung geforderte "allgemeine Eisglätte" vorgeherrscht hätte. "Eine Streupflicht herrscht aufgrund des Grundsatzes, dass die Streupflicht den Gemeinden zumutbar sein muss, nur bei allgemeiner Glätte, nicht bei nur punktuellen Glättestellen", so Richter Schreyer. Doch auch wenn angesichts des Dauerschneefalls von Eisglätte ausgegangen werden könne: Dass im Bereich des Unfallortes eine allgemeine Eisglätte geherrscht hätte, sei vom Kläger nicht substantiell vorgetragen worden.

Das Sturzopfer kann noch Rechtsmittel einlegen.

*Anm. der Red.: Ortsname wurde präzisiert (16.59 Uhr, 28.12.2018)

hs/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

LG München II zur Streupflicht von Kommunen: . In: Legal Tribune Online, 28.12.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32957 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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