Ein deutschlandweit tätiges Abschleppunternehmen verlangt bis zu 340 Euro für die Herausgabe von Autos. In fast 30 Fällen ermittelte die Münchener Staatsanwaltschaft und klagte den Unternehmenschef an. Am Mittwoch erging das Urteil.
Die umstrittenen Abschlepp-Praktiken einer bundesweit agierenden Firma sind nicht strafbar. Das Landgericht (LG) München I sprach am Mittwoch den Unternehmenschef vom Vorwurf der Erpressung und der versuchten Erpressung in insgesamt 29 Fällen frei.
Das Unternehmen entfernt im Auftrag von Privatfirmen die unberechtigt auf deren Parkplätzen abgestellten Fahrzeuge gegen Abtretung des Anspruchs auf die Abschleppkosten. Nach eigenen Angaben hält es bundesweit rund 3.000 Grundstücke frei von Falschparkern. Diese bekommen ihre Fahrzeuge erst nach Zahlung einer aufgeschlüsselten Rechnung zurück. Das Unternehmen verlangt bis zu 340 Euro für die Freigabe der Fahrzeuge.
Die Strafkammer sah nach 14 Verhandlungstagen und der Vernehmung von mehr als 100 Zeugen in keinem Fall den Nachweis der Erpressung erbracht. Die Höhe angemessener Abschleppkosten habe das Strafgericht nicht festzulegen. Maßgeblich sei, ob der Angeklagte vorsätzlich einen so überhöhten Betrag verlangt habe, dass die Schwelle der Strafbarkeit überschritten sei. Dies habe die Beweisaufnahme nicht ergeben. Gegen ein vorsätzliches Handeln spreche die Tatsache, dass der Unternehmer sich hinsichtlich der Zulässigkeit seines Geschäftsmodells von mehreren Anwälten habe beraten lassen.
Zudem sei in keinem Fall nachgewiesen worden, dass der Angeklagte ordnungsgemäß geparkte Fahrzeuge abgeschleppt hatte, heißt es in der Mitteilung des Gerichts. Alle als Zeugen vernommenen Fahrzeugführer hätten einräumen müssen, dass sie ihre Autos widerrechtlich geparkt hatten.
Die Vorsitzende Richterin betonte, das Urteil sei kein Freibrief für die Praktiken des Angeklagten. Nur hinsichtlich der konkreten Anklagevorwürfe sei der Schuldnachweis nicht erbracht. Die Staatsanwaltschaft, die drei Jahre Haft gefordert hatte, kündigte Revision an. Damit wird sich der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe mit dem Fall beschäftigen müssen.
dpa/una/LTO-Redaktion
LG München I verneint Erpressung: . In: Legal Tribune Online, 12.08.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16590 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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