Betriebsschließungen wegen Coronavirus: Pau­laner und Allianz: Eini­gung über Corona-Ent­schä­d­i­gung

21.10.2020

Um rund eine Million Euro ging es in dem Verfahren über die Corona-Betriebsschließung der Paulaner-Gaststätte Nockherberg gegen die Allianz-Versicherung. Kurz vor der Urteilsverkündung hat man sich nun doch geeinigt. 

Die Betreiberin des Wirtshauses und Biergartens "Paulaner am Nockherberg" hat sich mit der Versicherung Allianz in Bezug auf Entschädigungszahlungen wegen der coronabedingten Betriebsschließung geeinigt. Die Klage auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 1.134.000 Euro vor dem Landgericht (LG) München I wurde daraufhin zurückgenommen (Az. 12 O 6496/20).

Die Klagerücknahme erfolgte zwei Tage vor dem Verkündungstermin des Urteils. Es darf deshalb vermutet werden, dass der Versicherungsriese Allianz ein ähnliches Urteil wie im Fall der Traditionsgaststätte "Augustiner-Keller" verhindern wollte. Der Bayerische Versicherungsverband/Versicherungskammer Bayern (VKB) als beklagte Versicherung wurde dort zu einer Entschädigungszahlung von rund einer Millionen Euro verurteilt. 

Die Allianz geht laut einem Statement gegenüber LTO dennoch weiterhin davon aus, dass kein Versicherungsschutz besteht. Sie beruft sich auf ein Urteil des OLG Hamm, das über ähnliche, vergleichbare Versicherungsbedingungen entschieden hätte. Die Richter nahmen in diesem Urteil keinen Versicherungsschutz für coronabedingte Schließungen an. 

Kläger-Anwalt: "Urteil hätte Signalwirkung für andere Gastronomen gehabt" 

Der Anwalt der klagenden Paulaner-Gaststätte, Michael Tusch aus Augsburg, teilt indes der LTO mit, dass er gerne das Urteil des LG München I gelesen hätte. Schließlich habe es sich sehr detailliert und fachkundig mit der streitgegenständlichen Thematik auseinandergesetzt und es hätte "Signalwirkung auch für andere Gastronomen" haben können. Die Einigung sei jedoch für beide Parteien wirtschaftlich betrachtet eine vernünftige Lösung.

Aktuell sind allerdings laut einer Mitteilung des LG München im Komplex Betriebsschließungsversicherungen 88 Verfahren eingegangen, 42 davon gegen die Allianz, wie die LG-Pressestelle gegenüber LTO bestätigte*. Ob das Versicherungsunternehmen in diesen Fällen ebenfalls Vergleichsangebote machen wird, ist offen. "Bei allen Gerichtsverfahren kommt es stets auf den Einzelfall und insbesondere auf die konkreten Versicherungsbedingungen und die jeweilige behördliche Anordnung an", teilte ein Allianz-Sprecher mit. Die Entscheidung für einen Vergleich im Fall der Paulaner-Gaststätte Nockherberg sei auf andere Fälle nicht übertragbar.  

In den Verfahren um coronabedingte Betriebsschließungen geht es darum, dass viele Unternehmen gegen Betriebsschließungen versichert sind, aber Pandemien in manchen Standardpolicen nicht gedeckt sind. Und auch wenn sie gedeckt sind ist unklar, ob die Versicherung in der aktuellen Pandemie einspringen muss. Schließlich ist Covid-19 ein neuer Erreger, der in den Policen nicht aufgeführt wird. Im Fall des "Augustiner-Kellers" argumentierten die Richter des LG München I damit, dass die Schließung auf Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) beruhe und allein darauf komme es nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) an

pdi/hs/LTO-Redaktion

*Anm.der Redaktion: Passage wurde präzisiert.

Zitiervorschlag

Betriebsschließungen wegen Coronavirus: . In: Legal Tribune Online, 21.10.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43164 (abgerufen am: 13.11.2024 )

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