VW habe schon bei der Motorsteuerung betrogen, deshalb müsse sich der Kunde auch nicht auf ein Software-Update verlassen, entschied das LG Köln. Eine Tiguan-Käuferin erhält deshalb nun Schadensersatz wegen sittenwidriger Schädigung.
Das Landgericht (LG) Köln hat einer VW-Kundin Schadensersatz für ihren manipulierten Pkw zugesprochen. Sie müsse sich nicht auf ein nachträgliches Software-Update verweisen lassen, befand die 2. Zivilkammer, wie nun bekannt wurde (Urt. v. 12.10.2018, Az. 2 O 102/18). Schließlich habe VW bereits bei der Motorsteuerung mit erheblichem technischen Aufwand getäuscht, sodass den Beteuerungen, das Update habe keine nachteiligen Folgen für die Lebensdauer des Motors, kein Glauben geschenkt werden müsse.
Die Kundin hatte 2012 einen gebrauchten VW Tiguan mit Diesel-Motor zum Preis von 23.470,33 Euro gekauft und im Frühjahr dieses Jahres, nach Bekanntwerden der umfangreichen Manipulationen durch VW an Diesel-Motoren, den Kaufpreis zurückverlangt. Ihrem Begehren kam VW aber nie nach. Somit zog sie vor das LG Köln und verlangte dort von VW Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Dem entsprachen die Kölner Richter weitgehend, lediglich Gebrauchsvorteile müsse sich die Frau für die immerhin sechsjährige Nutzung anrechnen lassen.
In der Entscheidung, die LTO vorliegt, heißt es, der Erwerb eines technisch mangelhaften Dieselmotors stelle einen Schaden dar, da ein "vernünftiger Durchschnittskäufer" davon ausgehen dürfe, dass sein Auto rechtmäßig zugelassen oder zulassungsfähig sei. Dazu gehöre eben auch, so das LG, dass der Hersteller die Typgenehmigung nicht durch Täuschung erwirkt habe.
LG: VW muss man nicht glauben
VW müsse sich die Manipulationen mit Billigung leitender Angestellter und wohl auch des Vorstandes entsprechend der Haftung eines Vereins für Organe gemäß § 31 BGB zurechnen lassen. Es sei "lebensfern" anzunehmen, sowohl der Vorstand als auch die leitenden Angestellten in der Motorenentwicklung hätten nichts von dem Betrug gewusst.
Zwar hat VW zwischenzeitlich Software-Updates für seine Diesel-Motoren entwickelt, welche die Mängel beheben sollen. Mit einem Hinweis darauf habe sich die Kundin aber nicht abspeisen lassen müssen, denn es sei nicht auszuschließen, dass die Updates die Lebensdauer des Motors beeinträchtigten. Der unbelegten Behauptung von VW, das dem nicht so sei, müsse die Kundin keinen Glauben schenken: "Was immer die Beklagte nun zu den Eigenschaften und Auswirkungen des Software-Updates angibt, kann zutreffen, teilweise zutreffen oder nicht zutreffen."
Am Ende des Urteils wird es dann für Rechtsanwälte noch einmal interessant: Vorgerichtliche Anwaltskosten könne die Frau nur in Höhe einer "1,3-Geschäftsgebühr der Anlage zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz" ersetzt verlangen, entschied die Kammer. Ein höherer Satz ist der Vorschrift nach nur bei schwierigen und umfangreichen Tätigkeiten möglich. Bei den VW-Abgasfällen aber handele es sich für die Anwälte inzwischen um eine Routine-Tätigkeit. Diese seien "Massenverfahren, die für die beteiligten Rechtsanwälte wenig Arbeit machen und leicht sind. Die Argumente sind in Tausenden von Verfahren hinlänglich ausgetauscht".
Mit der Entscheidung reiht sich das LG Köln in eine steigende Zahl erstinstanzlich befasster Gerichte ein, die VW wegen der Diesel-Manipulationen verurteilen. Jüngst hatte das LG Heilbronn nahezu inhaltsgleich entschieden, allerdings zog der Fall eine erstaunliche Posse um die Rechtskraft des Urteils nach sich. Die Entscheidung des LG Köln ist aktuell nicht rechtskräftig.
mam/LTO-Redaktion
LG Köln verurteilt VW: . In: Legal Tribune Online, 16.10.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/31529 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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