LG Köln bestätigt: Manche Stad­t­ar­chiv-Pro­zesse können nicht beendet werden

20.11.2018

Die Strafverfahren im Prozess um den Einsturz des Kölner Stadtarchivs müssen schnellstmöglich abgeschlossen werden, da 2019 Verjährung eintritt. Nun hat das LG Köln im Fall eines Poliers unter dem Zeitdruck kapituliert.

Die juristische Aufarbeitung des Einsturzes des Kölner Stadtarchivs steht schon seit Beginn unter erheblichem Druck: Im kommenden März jährt sich das Unglück, bei dem zwei Menschen ums Leben kamen, zum zehnten Mal - womit die anklagbaren Taten verjährt wären. Weil bis dahin kein Urteil mehr zu fällen sei, hat das Landgericht (LG) Köln nun im Verfahren gegen einen Polier beschlossen, nicht mehr weiter zu verhandeln.

Weil die bis zum Eintritt der absoluten Verjährung am 2. März 2019 noch zur Verfügung stehende Zeit nicht mehr ausreiche, um ein Urteil zu fällen, habe man sich entschieden, keine neue Hauptverhandlung mehr durchzuführen, teilte die 10. Große Strafkammer des LG am Dienstag mit.

Das Verfahren gegen den Mann war aufgrund seiner schweren, mitunter lebensbedrohlichen Erkrankung abgetrennt und zwischenzeitlich ausgesetzt worden. Da er weiterhin nicht voll verhandlungsfähig sein dürfte, ist die Kammer zeitlich alleine dadurch bereits limitiert. So geht man von maximal zwei möglichen Verhandlungstagen pro Woche mit jeweils fünf Stunden Verhandlungsdauer aus. Dass sich der Zustand des Angeklagten auf absehbare Zeit bessern könnte, bezeichnete man als "fernliegend".

LG: Verfügbare Verhandlungstage reichen nicht mehr aus

Auch wenn man sich durch das parallel weiter laufende Verfahren gegen die Mitangeklagten bereits ein gutes Bild von der komplexen Sachverhaltslage machen konnte und dadurch ggf. Zeit sparen könnte, die nicht in weitere Gutachten oder Einarbeitung investiert werden muss, sieht sich die Kammer so nicht in der Lage, das Verfahren vor Verjährungseintritt zum Abschluss zu bringen. Selbst bei vollkommen ungestörtem Verhandlungsablauf seien aufgrund des dennoch "immensen Verfahrensstoffs" noch mindestens 15-20 Verhandlungstage nötig, vermutlich aber deutlich mehr, führte das LG aus.

"Selbst wenn die Hauptverhandlung bereits am 05.12.2018 erneut starten könne, stünden der Kammer lediglich noch 22 Sitzungstage zur Verfügung. Nach dem oben Gesagten wäre bereits dies mit aller Wahrscheinlichkeit zu wenig", heißt es in der Mitteilung. Zudem sei schon nicht klar, ob alle notwendigen Verfahrensbeteiligten zu den 22 möglichen Hauptverhandlungsterminen überhaupt zur Verfügung stünden.

Weitere Verfahren von Verjährung bedroht

Das abgetrennte Verfahren gegen den Polier ist damit das erste, von dem klar ist, dass eine strafrechtliche Verantwortung nicht mehr festgestellt werden kann. Aber auch die anderen noch laufenden Strafverfahren in Bezug auf den Stadtarchiv-Einsturz stehen unter erheblichem Druck: Der Prozess vor der 20. Großen Strafkammer gegen vier weitere Angeklagte, der erst im Januar begonnen hatte, ist zwar mit einer Verurteilung und drei Freisprüchen abgeschlossen worden, wogegen die Revision der Staatsanwaltschaft anhängig ist. Das erst später eröffnete Verfahren gegen einen Oberbauleiter dagegen läuft noch und ist damit auch noch verjährungsgefährdet. Dort sei man aber "auf einem guten Weg", betonte Gerichtssprecher Prof. Dr. Jan F. Orth gegenüber LTO. Alles weitere müsse man abwarten. Vor der 10. Großen Strafkammer ist zudem noch ein weiterer Mann angeklagt, dessen Verfahren allerdings wegen Verhandlungsunfähigkeit ebenfalls vorläufig eingestellt ist. Auch hier läuft es wohl auf Verjährung hinaus, wie Orth bestätigte.

Neben diversen Verzögerungen hätten vor allem "Aufwand und Komplexität" der Sache dafür gesorgt, dass die Strafverfahren erst in diesem Jahr beginnen konnten, erklärte Orth. Die Vorbereitung der Verhandlung sei schon "technisch sehr schwierig" für das Gericht gewesen, das sich, nachdem überhaupt einmal die groben Umstände geklärt waren, fundierte Tiefbaukenntnisse aneignen musste, um die Verantwortung der Angeklagten beurteilen zu können.

Das Stadtarchiv war am 3. März 2009 eingestürzt, zwei Menschen starben bei dem Unfall. Als Ursache gelten laut Staatsanwaltschaft Fehler beim Bau einer nahegelegenen U-Bahn-Linie. Seitdem läuft die juristische Aufarbeitung des Geschehens.

mam/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

LG Köln bestätigt: . In: Legal Tribune Online, 20.11.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32211 (abgerufen am: 24.11.2024 )

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