Saal zu klein für großes öffentliches Interesse: Termin im Straf­ver­fahren gegen Ärztin Kris­tina Hänel ver­schoben

27.08.2018

Die Ärztin Kristina Hänel muss sich vor einer Strafkammer des LG Gießen wegen Werbung für den Schwangerschaftsabbruch verantworten. Nun ist der Termin kurz vorher verschoben worden: Der Saal sei zu klein. Aufgefallen ist das offenbar erst jetzt.

Das Verfahren gegen die Ärztin Kristina Hänel hat in Deutschland und sogar international für viel Wirbel gesorgt. Alle interessierten sich plötzlich für die Gießener Medizinerin, die angeklagt wurde, weil sie auf ihrer Website unter dem Begriff "Schwangerschaftsabbruch" einen Link mit Informationen zu Ablauf, Möglichkeiten und Risiken von Schwangerschaftsabbrüchen angeboten hatte.

Der Fall wurde zum Politikum und sorgte für eine Diskussion über die Strafvorschrift des § 219a Strafgesetzbuch (StGB). Die Vorschrift sanktioniert das öffentliche Anbieten der an sich legalen Schwangerschaftsabbrüche. In erster Instanz wurde Hänel schließlich aufgrund dieser Vorschrift zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen à 150 Euro, insgesamt also 6.000 Euro verurteilt. Eine Vorlage der Norm an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) lehnte das Gießener Amtsgericht (AG) damals ab.

Nun steht die Berufungsverhandlung vor dem Landgericht (LG) Gießen an, terminiert war für Donnerstag kommender Woche. Doch wie am Montag bekannt wurde, ist der Termin nun kurzfristig verschoben worden, einen neuen Termin gibt es offenbar noch nicht. Dies teilte Hänel zunächst selbst per Twitter mit.

Richter überrascht vom öffentlichen Interesse

Wie eine Nachfrage von LTO bei Gericht ergab, hatte man wohl das öffentliche Interesse am Fall und damit auch den Andrang zur Verhandlung unterschätzt - obwohl der es sogar schon in die New York Times schaffte, wie auch die Gießener Allgemeine in ihrem Bericht über die Verschiebung betonte. In der ersten Instanz war der Sitzungssaal ebenfalls brechend voll, mehrere Medien und Nachrichtenagenturen berichteten, auch über die Demonstrationen, die vor dem AG in Gießen stattfanden. 

Dem Vorsitzenden Richter, der die Verhandlung führen soll, stehe nur ein vergleichsweise kleiner Sitzungssaal zur Verfügung, erklärte ein Gerichtssprecher gegenüber LTO. Um dem vorherzusehenden Auflauf von Zuschauern und Medienvertretern gerecht zu werden, habe man sich entschieden, die Verhandlung zu verschieben, um geeignetere Räumlichkeiten zu finden. Warum dies erst so kurz vor der Verhandlung auffiel, konnte auch er nicht erklären. Die Entscheidung darüber liege aber beim verhandlungsführenden Richter.

Laut Gießener Allgemeine zeigte sich Hänel enttäuscht von der Verlegung. Demnach hatten sich zu dem Termin kommende Woche ursprünglich eine Reihe von prominenten Unterstützern angekündigt, darunter der hessische SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel, die Bundestagsabgeordneten Ulle Schauws (Grüne) und Cornelia Möhring (Linke) sowie Angelika Nake vom hessischen FDP-Landesvorstand. Ärztin Hänel hofft auf einen neuen Termin noch im Oktober.

mam/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Saal zu klein für großes öffentliches Interesse: . In: Legal Tribune Online, 27.08.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/30585 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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