Erstmals wurde ein Steueranwalt einer Großkanzlei für seine Beraterrolle im Cum-Ex-Komplex verurteilt. Ein ehemaliger Freshfields-Partner muss wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung für mehrere Jahre in Haft.
Das Landgericht (LG) Frankfurt am Main hat den ehemaligen Partner der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer, Ulf Johannemann, wegen Beihilfe zur schweren Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1, 3 Abgabenordnung (AO), § 27 Strafgesetzbuch) in vier Fällen zu drei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt (Urt. v. 30.01.2024, Az. 5/24 KLs 7480 Js 208433/21).
Johannemann hatte die Maple Bank zu den rechtlich lange umstrittenen, aber 2021 durch den Bundesgerichtshof als Steuerhinterziehung eingestuften (Urt. v. 28.07.2021, Az. 1 StR 519/20) Cum-Ex-Geschäften beraten. Hierbei erstellte Freshfields Gutachten über die steuerliche Zulässigkeit der Aktientransaktionen. Die Bank betrieb die Geschäfte im großen Stil, insgesamt entstand ein Steuerschaden von gut 388 Millionen Euro. Die Finanzaufsicht hatte die Bank im Jahr 2016 geschlossen, da wegen einer Steuerrückstellung zu Cum-Ex die Überschuldung drohte.
Wegen dieser "Gefälligkeitsgutachten" von Johannemann erhob die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft Anklage. Nachdem die 24. Strafkammer im Verfahren bereits eine "hohe Verurteilungswahrscheinlichkeit" angedeutet hatte, legte Johannemann, der nach LTO-Informationen von Leitner & Kollegen vertreten wird, ein Geständnis ab.
Auch ein ebenfalls angeklagter Maple-Bankier hatte im Verfahren ein Geständnis abgelegt. Er erklärte: "Wir hätten die Geschäfte ohne die Gutachten nicht durchgeführt, sie haben uns in einer falschen Sicherheit gewogen". Gleichwohl hätte er bei "Anwendung des gesunden Menschenverstandes" erkennen müssen, "dass eine doppelte Anrechnung der Kapitalertragsteuer nicht gewollt sein konnte". Er wurde zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
jb/LTO-Redaktion mit Materialien der dpa
Cum-Ex-Urteil des LG Frankfurt am Main: . In: Legal Tribune Online, 30.01.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53750 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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