Laut dem LG Frankfurt war die Lufthansa nicht dafür verantwortlich, dass ein psychisch kranker Co-Pilot einen Germanwings-Airbus in die französischen Alpen abstürzen ließ. Möglicherweise haftet aber der Staat.
Hinterbliebene der Germanwings-Absturzopfer haben erneut in einem Prozess um Schmerzensgeld eine Niederlage erlitten. Das Landgericht (LG) Frankfurt am Main wies am Donnerstag mehrere Klagen gegen die Lufthansa ab (Urt. v. 30.06.2022, Az. 2-24 O 109/19). Das Gericht argumentierte ähnlich wie bereits das Landgericht Essen und zuletzt im April 2021 das Oberlandesgericht Hamm. Danach war die Konzernmutter Lufthansa nicht für die flugmedizinischen Untersuchungen der Crew verantwortlich. Das Frankfurter Urteil ist nicht rechtskräftig und kann mit der Berufung zum Oberlandesgericht Frankfurt angefochten werden.
Am 24. März 2015 hatte den Ermittlungen zufolge der früher unter Depressionen leidende Co-Pilot einen Germanwings-Airbus in den französischen Alpen absichtlich gegen einen Berg gesteuert. Dabei kamen alle 150 Insassen ums Leben, viele davon stammten aus Nordrhein-Westfalen. Die Kläger argumentieren, dass die Katastrophe hätte vermieden werden können, wenn bei den Untersuchungen des Co-Piloten genauer hingesehen worden wäre. Sie klagten gegen die Lufthansa als Konzernmutter von Germanwings und verlangten Schmerzensgeld.
Das Frankfurter Gericht wies die Klagen ab. "Die flugmedizinischen Sachverständigen handelten bei ihren Tauglichkeitsuntersuchungen in Ausübung eines öffentlichen Amtes, denn ihre Tätigkeit war durch öffentlich-rechtliche Vorschriften bestimmt und Bedingung für die Lizenzierung. Deswegen kann nur der Staat oder die Körperschaft haften, in dessen Dienst die Ärzte standen. Das ist jedenfalls nicht die Lufthansa", erklärte der Vorsitzende in der Urteilsverkündung. "Die fliegerärztlichen Untersuchungen sind Kernbestandteil der Flugsicherheit. Die Sicherheit des Flugverkehrs zu gewährleisten ist eine staatliche Aufgabe, die durch das Luftfahrtbundesamt wahrgenommen wird." Die Lufthansa habe hingegen keinen Zugang zu den flugmedizinischen Untersuchungen. Die Fliegerärzte seien unabhängig und nicht an Weisungen der Lufthansa gebunden. Es habe kein Überwachungssystem der Lufthansa bestanden. Ihr könne daher auch kein Organisationsversagen vorgehalten werden
Damit sei nun endgültig klar, dass niemand außer dem Staat für die Flugtauglichkeitsuntersuchungen zuständig gewesen sei, sagte Klägeranwalt Elmar Giemulla der dpa. Er kündigte Klagen gegen die Bundesrepublik nach der Sommerpause an.
dpa/acr/LTO-Redaktion
LG Frankfurt am Main verneint Haftung der Lufthansa: . In: Legal Tribune Online, 30.06.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48905 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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