Ein Tesla, der bei einem automatischen Spurenwechsel wie ein "betrunkener Fahranfänger" lenkt und keine Ampeln erkennt? So hat sich das ein Kunde nicht vorgestellt. Tesla muss nun das Fahrzeug zurücknehmen und den Preis zurückzahlen.
Die Tesla Germany GmbH muss an einen Teslakunden knapp 67.000 Euro zahlen, Zug um Zug gegen die Übergabe des Tesla Model 3. Das Paket für autonomes Fahren wies Mängel auf. Das entschied das Landgericht (LG) Darmstadt (Urt. v. 21.02.2022, Az. 26O490/20).
Das Fahrzeug verfügte über einen HW 2,5 Computer. Der klagende Mann erwarb zusätzlich die Optionen ,"Autopilot" und "Volles Potenzial für autonomes Fahren". Streitpunkt waren die zugesicherten, aber zum Teil nicht funktionierenden Eigenschaften des FSD-Pakets (full self driving capability). Nach erfolgloser Aufforderung des Mannes zur Mängelbeseitigung trat er am 17. Juni 2020 vom Kaufvertrag zurück. Der Fall landete vor Gericht.
Dor behauptete der Mann, dass das automatische Überholen von langsameren Fahrzeugen auf der Autobahn ebenso wie ein automatischer Spurwechsel an Ein- und Ausfahrten oder Autobahnkreuzen nicht funktioniere. Das Lenkverhalten gleiche nach seiner Aussage der eines "betrunkenen Fahranfängers". Ampel- und Stoppschilder würden nicht erkannt werden und das Herbeirufen des Fahrzeugs auf Parkplätzen funktioniere ebenfalls nicht. Zudem bemängelte er die fehlende Hardware im Fahrzeug, um das automatisierte und das autonome Fahren zu ermöglichen.
Lebenslaufleistung eines Teslas nur bei 250.000 - 300.000 km?
Die Tesla Germany GmbH hat vor Gericht zur Verteidigung vorgetragen, dass die Ampel-/Stoppschilder Erkennung mit Anhalte- und Anfahrautomatik mit dem Einbau eines HW 3 Computers genutzt werden könnte – und eben nicht HW 2,5. Der Einbau würde erfolgen, sobald die Software in Deutschland verfügbar sei. Die Anwälte von Tesla vertraten im Prozess außerdem die Ansicht, dass sowohl ein Kaufvertrag als auch ein Softwarevertrag vorliegen würden und Mängel in beiden Verhältnissen nicht gegeben seien. Zudem betrage die Lebenslaufleistung eines Teslas wie bei einem Verbrenner nur 250.000 – 300.000 km. Die Lebenslaufleistung ist entscheidend im Streit um die Höhe der Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer - und so letztendlich für den zurückzuzahlenden Preis.
Das Gericht folgte den Auffassungen der Tesla Anwälte nicht. Das Paket "Volles Potenzial für autonomes Fahren" bilde als "embedded software" zusammen mit dem Fahrzeug rechtlich einen einheitlichen Kaufvertrag. Hinderlich sei dabei auch nicht, dass das Paket hier nachträglich dazu gekauft wurde. Das Tesla Fahrzeug war somit auch bei Gefahrübergang schon mangelhaft. Der Teslakunde kann insgesamt zurücktreten.
Bezüglich der aktuellen Lebensdauer, der in Tesla verbauten Batterien bezieht sich das Gericht auf eine Aussage von Elon Musk. Dieser stuft die Lebensdauer bei 800.000 km ein. Im Endeffekt führt dies im vorliegenden Fall zu einer nur geringen Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer durch den Kläger. Die Entscheidung des LG Darmstadt ist aktuell nicht rechtskräftig.
sl/LTO-Redaktion
LG Darmstadt zu Mängeln beim autonomen Fahren: . In: Legal Tribune Online, 23.03.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47925 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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