Wer gegen eine Palette Pflastersteine fährt, weil er sie von seiner Mercedes S-Klasse aus nicht richtig sehen kann, erhält keinen Schadensersatz, entschied das LG Coburg. Der Fahrer müsse notfalls aussteigen.
Das Landgericht (LG) Coburg hat die Klage eines Mercedes S-Klasse Fahrers auf Schadensersatz wegen einer behaupteten Verkehrssicherungspflichtverletzung abgewiesen (Urt. v. 24.06.2016, Az. 32 S 5/16). Beim Einbiegen in eine Waschstraße war der Fahrer mit einer Palette Pflastersteinen kollidiert, die außerhalb einer abgesperrten Baustelle gelagert war. Für den Schaden am Auto verlangte er Schadensersatz vom Betreiber der Waschstraße und dem Bauunternehmer.
Den erhält er jedoch nicht, entschied das LG. Die Einwände des Klägers, wegen der auffallend ordentlichen Baustelle habe er nicht mit Hindernissen außerhalb der Baustelle rechnen müssen und die Palette sei aufgrund der Größe seines Fahrzeuges, insbesondere der Länge der Motorhaube, für ihn nicht erkennbar gewesen, überzeugte das Gericht nicht. Schon nach allgemeiner Lebenserfahrung sei danach gerade bei Pflasterarbeiten damit zu rechnen, dass sich noch zu verlegende Steine auf Paletten gelagert neben der Baustelle befinden. Deren besondere Absicherung sei nach Einschätzung der Richter in nur mit Schrittgeschwindigkeit zu befahrenen Bereichen nicht üblich und würde außerdem die Bauarbeiten behindern.
Größe keine Rechtfertigung
Die besondere Größe des Fahrzeuges ändere am Umfang der Verkehrssicherungspflicht nichts, so das Gericht. Der Fahrer hätte notfalls aussteigen und sich den erforderlichen Überblick verschaffen müssen, urteilten die Richter. Das LG betonte, dass gerade die außergewöhnliche Größe bzw. Unübersichtlichkeit des geführten Kraftfahrzeuges im Falle eines Unfalls nicht als Rechtfertigung dienen könne, sondern im Gegenteil für den Fahrzeugführer erhöhte Sorgfaltspflichten begründe.
Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, sei nun mal nicht zu erreichen. Dritte seien vielmehr nur vor solchen Gefahren zu schützen, die sie selbst bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht oder nicht rechtzeitig erkennen und vermeiden können. Gefahren, die jedem vor Augen stehen und vor denen man sich ohne weiteres selbst schützen kann, begründeten in der Regel also keine besonderen Verkehrssicherungspflichten.
acr/LTO-Redaktion
LG Coburg zur Sorgfaltspflicht im Straßenverkehr: . In: Legal Tribune Online, 26.08.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20399 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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