Kleiderordnung vor Gericht: Alles für die Robe

von Tanja Podolski

30.06.2015

Robe muss sein. Und der Anwalt sich samt Partei nach Hause schicken lassen, wenn er sie nicht anzieht. So entschied es am Dienstag das Landgericht Augsburg.

Es gibt die Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA). Und das Amts- (AG) und das Landgericht (LG) Augsburg. Und dort hat der Anwalt in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit in Zivilsachen die Robe zu tragen. Das hat das LG Augsburg am Dienstag entschieden (Az.: 031 O 4554/14).

Geklagt hatte der Münchner Rechtsanwalt Norman Synek. Er war vergangenes Jahr in einem Zivilprozess vor dem AG Augsburg ohne Robe erschienen. Der Richter weigerte sich daraufhin, die Verhandlung durchzuführen, schickte die Beteiligten nach Hause und setzte einen neuen Termin an.

Sitzung nach zwei Minuten beendet

Daraufhin verklagte der Anwalt den Freistaat Bayern auf Schadenersatz in Höhe von 770,50 Euro nebst Zinsen. Synek macht Fahrtkosten und einen Verdienstausfall von drei Stunden geltend, da er am 10. November 2014 "unverrichteter Dinge wieder die Heimreise antreten musste", wie er in seiner Klage schreibt.

Nach nur zwei Minuten hatte der Richter die Sitzung beendet. "Wie Schuljungen" seien sein Mandant und er nach Hause geschickt worden, ärgert sich der Anwalt, der unter anderem schon den Schauspieler Fritz Wepper vor Gericht vertreten hat. Dem Richter warf er eine Verletzung der Amtspflichten vor.

Robe ist Gewohnheitsrecht

Nichts gibt es, entschied nun das LG Augsburg. Es würde dem Gewohnheitsrecht –  also dem Recht, das durch längere tatsächliche Übung entstanden ist, die dauernd und ständig, gleichmäßig und allgemein war und von den beteiligten Rechtsgenossen als verbindliche Rechtsnorm anerkannt wurde – entsprechen, dass vor den Gerichten nicht nur Richter und Staatsanwälte, sondern auch Rechtsanwälte eine Robe tragen müssten.

In der BORA steht etwas anderes: Dort heißt es in § 20: "Der Rechtsanwalt trägt vor Gericht als Berufstracht die Robe, soweit das üblich ist. Eine Berufspflicht zum Erscheinen in Robe besteht beim Amtsgericht in Zivilsachen nicht." Darüber, ob diese dem anwaltlichen Berufsrecht entstammende Regelung eine gegenteilige, gewohnheitsrechtlich begründete Pflicht ausschließt, scheiden sich die Geister.*  Für die Kleidung unterhalb der Robe gibt es unterschiedliche Regelungen in den einzelnen Bundesländern.

Gute Tradition in Bayern – aber in Strafverfahren

So hat das Oberlandesgericht (OLG) München bereits 2006 entschieden, unter der Robe seien Oberhemd und Krawatte zu tragen. Die Richter hatten ihre Entscheidung seinerzeit auf eine Bekanntmachung des bayerischen Justizministeriums aus dem Jahre 1956 gestützt. Und tatsächlich war es das Landgericht, das einen Verteidiger ausgeschlossen hatte, der unter seiner Robe nur ein T-Shirt trug. Ebenso wurde ein Strafverfahren vor dem LG München 2011 vom Richter wegen fehlender Robe vertagt.

Synek jedenfalls hatte in dem Verhalten des Richters eine amtliche Pflichtverletzung gesehen und es als Arbeitsverweigerung eingeordnet. Nach seiner Auffassung sind Rechtsanwälte nicht verpflichtet, vor dem AG in Zivilsachen in Robe aufzutreten. "Dafür gibt es keine Rechtsgrundlage", sagt er.

Anders wäre auch gut

Vergessen hatte er seine Robe im vergangenen November nicht. "Ich habe vor dem Amtsgericht und bei Zivilprozessen nie eine Robe dabei. Aber noch nie hat mich ein Richter deshalb gerügt, geschweige denn einen Prozess abgebrochen." Auch am AG Augsburg sei dies zuvor noch nicht moniert worden.

Es gibt viele gute Gründe dafür, die Robe als Berufstracht zu tragen: eine klare Einordnung der am Prozess beteiligten Organe der Rechtspflege, die Ernsthaftigkeit und Neutralität, mit der vor Gericht gearbeitet werden soll. Die Augenhöhe, auf der sich Anwalt, Richter und gegebenenfalls Staatsanwalt begegnen. Oder etwa die Stärkung des Vertrauens in die am Verfahren beteiligten Fachleute und das Ausblenden von Äußerlichkeiten.

Dagegen steht § 20 BORA.

* Anm. d. Red.: Wir haben klargestellt, dass die Regelung in der BORA möglicherweise durch eine gegenteilige gewohnheitsrechtliche Praxis verdrängt werden könnte. Geändert am 6.7.2015, 12:18.

Zitiervorschlag

Tanja Podolski, Kleiderordnung vor Gericht: . In: Legal Tribune Online, 30.06.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16040 (abgerufen am: 05.11.2024 )

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