Ein Gericht kann dem BVerfG ein Gesetz zur verfassungsrechtlichen Prüfung nur vorlegen, wenn es sich selbst mit der Norm hinreichend auseinandergesetzt hat. Das hatte das BAG offensichtlich nicht getan, befanden die Verfassungsrichter und wiesen eine Vorlage zu einer Regelung des Dienstbeschädigungsausgleichsgesetzes als unzulässig ab.
Eine konkrete Normenkontrolle nach Art. 100 Grundgesetz (GG) setze die Bemühung des vorlegenden Gerichts voraus, sich zunächst den Regelungsgehalt der Norm mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden zu erschließen. Das bloße Aufzeigen von Zweifelsfragen genüge nicht. Die Karlsruher Richter stellten zudem klar, dass der Bestimmtheitsgrundsatz nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nicht fordert, dass der Inhalt gesetzlicher Vorschriften grundsätzlich auch einem Bürger ohne juristische Fachkenntnisse erkennbar sein muss (Beschl. v. 04.06.2012, Az. 2 BvL 9-12/08).
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte Zweifel an der Vereinbarkeit des § 2 Abs. 1 des Dienstbeschädigungsausgleichsgesetz (DbAG) mit den rechtsstaatlichen Geboten der Normenklarheit und der Justiziabilität. Das DbAG sieht auch für Staatsbedienstete der ehemaligen DDR eine Teilrente bei Dienstbeschädigungen vor. Nach der für den vorliegenden Fall maßgeblichen Zeitraum geltenden Fassung des DbAG war die Teilrente in Höhe der Grundrente nach § 31 i.V.m. § 81 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zu leisten. Letztere Vorschrift nahm Bezug auf Bestimmungen des Einigungsvertrages. Hinsichtlich seiner Berechnung verwies die Vorschrift wiederrum auf das Sozialgesetzbuch VI (SGB). Das BAG hielt diese Verweisungskette mit den Geboten der Normenklarheit und Justiziablität für unvereinbar. Weder für einen juristischen Laien noch mit Hilfe herkömmlicher juristischer Auslegungsmethoden sei zu ermitteln, wie hoch der "Umrechnungsfaktor Ost" sei und für welche Zeiträume er jeweils gelte.
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat entschieden, dass die Vorlagen unzulässig sind, weil sie nicht den Begründungsanforderungen genügen. Das BAG als beantragendes Gericht habe insbesondere die in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Auffassungen zu berücksichtigen und auf unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten einzugehen. Das BAG habe allenfalls bruchstückhaft eine Auslegung der Norm versucht.
una/LTO-Redaktion
BVerfG weist Normenkontrollantrag des BAG ab: . In: Legal Tribune Online, 12.07.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6599 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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