Nach der Katastrophe in Fukushima legte das Land Hessen im März 2011 das Kernkraftwerk Biblis für drei Monate still. Der Hessische VGH hat nun entschieden, dass der Betreiber RWE hiergegen auf Schadensersatz klagen darf. Die Richter haben ein berechtigtes Interesse des Energiekonzerns an der Feststellung der Rechtmäßigkeit ausgemacht.
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat sich am Mittwoch ausschließlich mit der Zulässigkeit zweier Schadensersatzklagen des Energiekonzerns RWE gegen das Land Hessen befasst. Im März 2011 ordnete das Land, vertreten durch das Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, die auf drei Monate befristete Stilllegung beider Blöcke des Kernkraftwerks Biblis an. Die Kasseler Richter haben entschieden, dass die hiergegen gerichteten Klagen von RWE zulässig sind (Urt. v. 04.07.2012, Az. 6 C 824/11.T und 6 C 825/11.T).
Unmittelbar nach der Katasprophe im Kernkraftwerk im japanischen Fukushima hatten sich Bund und Länder darauf verständigt, alle älteren Werke in der Bundesrepublik für einen Zeitraum von drei Monaten stillzulegen. Hiervon waren auch die beiden Blöcke des Kernkraftwerks in Biblis, südlich von Darmstadt betroffen. Im April 2011 hatte RWE bereits Klage erhoben mit dem Ziel, die befristete Anordnung aufzuheben. Da sich mit Ablauf der Frist im Juni 2011 die angeordnetet Betriebsuntersagung in der Sache erledigt hatte, beantragte RWE nun beim VGH die Rechtswidrigkeit der Anordnung festzustellen.
Allein die Frage nach der Zulässigkeit werfe komplexe und tatsächliche Fragen auf, sodass sich der VGH zunächst ausschließlich mit ihr befasste. Ein berechtigtes Interesse setze voraus, dass ein konkreter Schaden entstanden oder eine fortwirkende Rechtverletzung eingetreten sei. Als streitig sahen die Richter eine Schadensverursachung an, weil Block B zum Zeitpunkt der Anordnungserteilung wegen Revisionsarbeiten ohnehin abgeschaltet war. Block A sollte aus dem gleichen Grund im Juni 2011 heruntergefahren werden.
Nach den am Mittwoch bekannt gewordenen Zwischenurteilen bejahten die Richter ein berechtigtes Feststellungsinteresse von RWE. Die derzeit von RWE vorbereitete, zivilrechtliche Schadensersatzklage gegen das Land Hessen sei nicht offenkundig ohne jegliche Erfolgsaussichten, da ein Schaden durch die Betriebsuntersagung für Block B nicht von vornherein auszuschließen sei.
Die Revision wurde nicht zugelassen.
una/LTO-Redaktion
VGH Hessen zu Kernkraftwerk Biblis: . In: Legal Tribune Online, 05.07.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6541 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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