Modellprojekt in Baden-Württemberg: Hund Watson unter­stützt Zeugen vor Gericht

04.12.2019

Opfer haben Anspruch auf Betreuung während des Strafverfahrens. In Stuttgart kann sie nun Watson begleiten: Der Golden Retriever ist ein Pionier, denn er ist der erste vierbeinige Begleiter für Zeugen bei Gerichtsverhandlungen in BaWü.

Seit Januar 2017 haben besonders schutzbedürftige Verletzte einen Anspruch auf professionelle Begleitung und Betreuung während des gesamten Strafverfahrens, die sogenannte psychosoziale Prozessbegleitung. Gerade minderjährige Opfer von Sexual- und Gewaltdelikten sind oft traumatisiert. Es fällt ihnen schwer, Vertrauen zu anderen Menschen aufzubauen, und ihre Rolle im Prozess überfordert sie. An dieser Stelle setzt das Modellprojekt in Baden-Württemberg (BaWü) an: Hunde wie Watson sollen als Eisbrecher fungieren.

Hohe Erwartungen an das Projekt

"Hunden gelingt häufig, was Menschen gerade bei traumatisierten Opfern manchmal nicht mehr schaffen: Vertrauen und Stabilität zu vermitteln", sagte Justizminister Guido Wolf (CDU), der das Projekt "Dogs welcome. People tolerated." von PräventSozial in Stuttgart vorstellte. Der Minister ist nach eigener Aussage überzeugt, dass Watson "der Justiz in Baden-Württemberg wichtige Dienste leisten kann und wird." In dem Modellprojekt soll erprobt werden, ob Hunde geeignete Unterstützer vor Gericht sein können. Ist das Projekt erfolgreich, werde es weiter ausgebaut, kündigte der Minister an.

"Ich glaube auf jeden Fall, dass das funktionieren kann", sagt die Vorsitzende des Deutschen Berufsverbands für Therapie- und Behindertenbegleithunde, Ines Pawlitzki. Hunde würden mittlerweile auch in Zahnarztpraxen eingesetzt, um Patienten die Angst zu nehmen. Anders als ein menschliches Gegenüber sei ein Hund einfach da - er mache ein Angebot zum Kontakt, ohne selbst etwas zu fordern, wie Pawlitzki erklärt. "Hunde haben durch ihre Nicht-Ansprüche einen ganz anderen Zugangsdraht."

Erster Einsatz vor Gericht erfolgreich 

Die Hundeführerin des ausgebildeten Therapiebegleithunds, Sabine Kubinski, erzählte vom ersten Einsatz des dreijährigen Rüden am Amtsgericht Stuttgart: "Es war eine Zeugin mit geistiger Behinderung, Watson hat dann für sie die Situation aufgelockert", so die Sozialarbeiterin. Er habe während der Vernehmung im Oktober die ganze Zeit neben der Betroffenen gelegen - wurde sie nervös, konnte sie den Hund streicheln.  Außerdem habe der Richter es erst über Watson geschafft, die Zeugin in der Vernehmung zu erreichen.

Auf Menschen, die Hunde mögen, wirke der Kontakt beruhigend: Die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol werde gesenkt, die des Bindungshormons Oxytocin aktiviert. "Das führt dann zu einem Gefühl der Geborgenheit und Sicherheit. Und so kann auch die Qualität der Aussagen verbessert werden."

Laut Kubinski ist es nun wichtig, um Verständnis für das Projekt zu werben. Sie habe schon erlebt, dass ein Gericht sich für Watson als psychologische Stütze im Saal offen gezeigt habe - die Vorsitzende Richterin dann aber nicht. Eigentlich sind Hunde im Gericht nämlich grundsätzlich nicht erlaubt.

dpa/ast/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Modellprojekt in Baden-Württemberg: . In: Legal Tribune Online, 04.12.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/39041 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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