Die Länder wollen den Kampf gegen die Wirtschaftskriminalität verstärken.
Die Justizminister schlagen dazu ein Unternehmensstrafrecht vor. Doch es gibt Gegenwehr von Unternehmensseite: Rechtlich fraglich sei das Ganze, die Falschen würden bestraft.
Die Justizminister der Länder wollen mit einem neuen Unternehmensstrafrecht schärfer gegen Wirtschaftskriminalität vorgehen. Bei der Herbstkonferenz der Ressortchefs am Donnerstag in Berlin sprach sich die Mehrheit der Minister für eine solche Neuregelung aus. Über die genaue Ausgestaltung wollen sie aber noch weiter beraten. Unklar ist, welche Chancen eine solche Initiative über den Bundesrat anschließend im Bundestag hätte. Familienunternehmer und Juristen kritisierten die Pläne.
Bisher können nur natürliche Personen nach dem Strafrecht belangt werden, nicht juristische. Gegen Unternehmen können derzeit nur Geldbußen nach dem Ordnungswidrigkeitenrecht verhängt werden. Die Justizminister halten das für unzureichend. "Jedes Jahr entstehen durch Wirtschaftskriminalität Milliardenschäden", sagte Hamburgs Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD). "Wir müssen stärker gegen diese Form der Kriminalität vorgehen." Zahlreiche Länder - wie Frankreich, Großbritannien, Österreich oder die Niederlande - hätten ein Unternehmensstrafrecht.
Unions-Vertreter zurückhaltend
Zur Debatte steht nun ein Gesetzesentwurf aus Nordrhein-Westfalen. Dieser sieht als Sanktionen neben Geldstrafen auch den Ausschluss von öffentlichen Aufträgen oder von Subventionen vor - und als schärfste Waffe die Auflösung des Unternehmens. NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) sagte: "Es geht darum, die Ehrlichen zu schützen." Sachsen-Anhalts Ressortchefin Angela Kolb (SPD) betonte, der Entwurf sei zunächst eine Diskussionsgrundlage. Die Länder wollten weiter beraten und auch mit den Kritikern einer solchen Regelung ins Gespräch kommen. Sie räumte ein, es handele sich um ein "juristisch nicht ganz leichtes Thema".
Nicht völlig überzeugt zeigten sich die Unions-Vertreter bei der Konferenz der Ressortchefs. Mecklenburg-Vorpommerns Justizministerin Uta-Maria Kuder (CDU) sagte, von Unions-Seite habe es Gegenstimmen gegeben. Man verschließe sich einer Diskussion nicht, stehe dem Entwurf aber "etwas zurückhaltender" gegenüber.
"Arbeitnehmer und Aktionäre werden bluten müssen"
Scharfe Kritik kommt von den Familienunternehmen. "Wenn sich Nordrhein-Westfalen mit dieser Initiative durchsetzt, dann müssen künftig auch Arbeitnehmer und Aktionäre für rechtliche Fehler in ihrem Unternehmen bluten", warnte der Chef der Stiftung Familienunternehmen, Brun-Hagen Hennerkes. "Ich habe nichts gegen eine härtere Bestrafung von Tätern, aber dieses Gesetz würde die Falschen treffen."
André Szesny, Experte für Wirtschaftsrecht, sprach von einem "Fremdkörper". "Eine Kriminalstrafe im engeren Sinne gegen Unternehmen passt strafrechtsdogmatisch nicht in unser Strafrechtssystem", sagte er.
Die Länder wollen das Vorhaben nach abgeschlossener Beratung als Initiative in den Bundesrat einbringen. Von dort ginge es dann an den Bundestag. Ob es dort Erfolg hätte, ist offen. In den laufenden Koalitionsverhandlungen von Union und SPD im Bund ist bislang eher im Gespräch, zum Kampf gegen Wirtschaftskriminalität das Ordnungswidrigkeitenrecht auszubauen.
dpa/una/LTO-Redaktion
Justizministerkonferenz: . In: Legal Tribune Online, 14.11.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10057 (abgerufen am: 14.11.2024 )
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